Die Straße von Hormus im Persischen Golf ist eine der weltweit wichtigsten Engstellen für die Energieproduktion. Etwa 20 Prozent des globalen Flüssiggases und 30 Prozent des Rohöls – rund 20 Millionen Barrel pro Tag – passieren sie. Nach den Luftangriffen der USA auf iranische Nuklearanlagen im Juni hat der Iran mit einer Blockade gedroht.

Offizielle Zahlen, welcher Anteil der Energielieferungen nach Europa geht, gibt es nicht, schreiben Forscher des Wiener Complexity Science Hub (CSH) und vom Supply Chain Intelligence Institute Austria (ASCII). Sie haben Schiffsdaten der vergangenen sechs Jahre analysiert, die Informationen über Routen und Schiffstypen enthalten.

EU begrenzt direkt betroffen
Der Großteil des Handels über Hormus sei für Asien bestimmt. "Unseren Schätzungen zufolge sind nur etwa zehn Prozent des gesamten Öl- und Gastankerverkehrs durch die Straße von Hormus für die Europäische Union bestimmt", so CSH/ASCII-Forscher Peter Klimek.

Diese zehn Prozent entsprechen wiederum nur etwa vier Prozent des gesamten EU-Tankerhandels. Die direkte Abhängigkeit der EU von dieser Route sei also relativ gering.

Für Rohöl und Flüssigerdgas gebe es Ausweichrouten; etwa die East–West-Rohölpipeline und die Abqaiq–Yanbu-Pipeline für NGL (Natural Gas Liquids), die Katar und Bahrain mit dem Westen Saudi-Arabiens verbinden; auch wenn beide nahezu ausgelastet und anfällig für Angriffe sind, etwa durch die Huthi-Milizen.

Indirekte Auswirkungen durch Ölpreisschock
Eine Blockade könnte die Volkswirtschaften in Europa indirekt treffen: wenn es in Ländern, die von Lieferungen über Hormus stärker abhängig sind, zu einem Engpass kommt, sei ein Öl-Preisschock nicht auszuschließen.

Gegen eine Schließung von Hormus durch den Iran gibt es ein gewichtiges Argument: Ein globaler Ölpreisschock würde ausgerechnet die Vereinigten Staaten wegen deren hohen Selbstversorgungsgrads kaum treffen.

Feststoff-Transporte
Abseits der Ölmärkte könnten von einer Schließung auch andere, bisher weniger beachtete Bereiche, betroffen sein: Wasserstraßen seien die effizienteste Transportmöglichkeit für viele feste Güter wie Aluminium, schreiben die CSH-Forscher. Einige der größten Aluminiumschmelzen der Welt befinden sich wegen des Energiereichtums in der Region. Allein die Vereinigten Arabischen Emirate sind laut den Angaben für etwa ein Fünftel der weltweiten Aluminiumexporte verantwortlich. (eml)