Hin und Her: Trumps Zoll-Inferno zieht durch Gerichts-Instanzen
Zunächst kippt ein Gericht den Zoll-Rundumschlag von US-Präsident Trump gegen den Rest der Welt. Doch nur wenige Stunden später hebt eine Berufungsinstanz die Entscheidung auf – vorerst. Die Marktteilnehmer scheint das Tauziehen zunehmend kalt zu lassen.
Ein US-Berufungsgericht hat am Donnerstag (29.5.) die weitreichenden Zölle des amerikanischen Präsidenten Donald Trump vorerst wieder eingesetzt. Damit kann die Regierung einstweilen ihre Handelsbeschränkungen gegen praktisch die gesamte Welt weiterführen. Die Entscheidung ist aber nur vorläufig. Das Gericht will den Fall weiter verhandeln und zusätzliche Stellungnahmen einholen.
Nur wenige Stunden zuvor hatte ein für internationale Handelsfragen zuständiges Gericht in New York den Zoll-Rundumschlag von Trumps Regierung gestoppt. Die Richter waren zu dem Schluss gekommen, dass der Präsident bei einem Großteil der Zölle seine Kompetenzen überschritten habe. Die Verfassung der USA räume ausschließlich dem US-Kongress die Befugnis ein, über den Handel mit anderen Ländern zu bestimmen.
Mühsame Umwege
Das Weiße Haus feierte die Aufhebung durch das Berufungsgericht. Angesichts des laufenden Verfahrens betonten Regierungsbeamte aber, das Verfahren im Zweifel bis vor den Obersten Gerichtshof des Landes ausfechten zu wollen. Beamte des Weißen Hauses betonten zudem, dass Trump die Möglichkeit habe, die Zölle über andere Wege zu verhängen.
Für einen Präsidenten, der die Handelspolitik nutzen will, um den globalen Handel schnell umzugestalten, wären andere Optionen jedoch komplizierter und würden das Drohpotenzial einschränken, das er in den Verhandlungen mit anderen Staaten aussprechen kann. Einige der alternativen Zolloptionen wären zudem mühsamer, würden Monate in Anspruch nehmen oder könnten nur von begrenztem Umfang und eingeschränkter Dauer sein.
Defizite kein Notstand
Die US-Regierung hatte sich bei der Verhängung der Zölle auf ein Notstandsgesetz aus dem Jahr 1977 berufen. Es räumt dem Präsidenten in Notlagen besondere wirtschaftliche Befugnisse ein. Bislang hatte kein US-Präsident von dieser Regelung Gebrauch gemacht. Handels- und Leistungsbilanzdefizite, auch struktureller Art, stellten jedoch keinen Notstand dar, so die Richter der Instanz, welche die Zoll-Agenda gekippt hatte.
"Der US-Aktienmarkt reagierte verhalten auf die gestrigen Meldungen aus dem juristischen System der Vereinigten Staaten", schreibt Thomas Meißner, Leiter Research Finanzmarktstrategie der LBBW in Stuttgart, in einem aktuellen Kapitalmarktkommentar des Instituts zu der Entwicklung. Der S&P 500 beendete den Donnerstag mit einem kleinen Plus von 0,4 Prozent. Der deutsche Leitindex Dax verlor dagegen etwas mehr als 0,4 Prozent.
"Börsen lassen sich nicht mehr wahnsinnig machen"
"Zölle ausrufen, sie revidieren und dann die Revision aussetzen: In dieser Tonart scheint es in den USA weiterzugehen – egal ob für den Irrsinn der erratisch agierende Präsident selbst oder aber die Gerichte verantwortlich sind", schreibt wiederum Helge Rechberger, Analyst von Raiffeisen Research in Wien, in einem Kommentar. "Die Börsen lassen sich davon aber nicht mehr wahnsinnig machen. Mit der Zeit gewöhnt man sich sogar an Irrsinn." Die Kursreaktionen hätten sich zwar im Tagesverlauf volatil gezeigt, sich in Summe aber in engen Grenzen gehalten. (ert/Bloomberg)