Goldman-Sachs-Topanalyst über KI: Eine Blase, die platzen wird
In den nächsten Jahren ist im Bereich KI-Infrastruktur mit Investitionen von rund einer Billion Dollar zu rechnen. Die zu erwartenden Renditen seien allerdings nicht annähernd hoch genug, um diese Kosten zu rechtfertigen, meint Jim Covello von Goldman Sachs.
In drei Jahrzehnten an der Wall Street hat Jim Covello gelernt, wie schmerzhaft es sein kann, gegen eine immer größer werdende Blase bei Technologieaktien zu wetten. Während man die Fehlannahmen der Euphorie beleuchtet, klettern die Kurse – Monat für Monat in immer neue Höhen. Das war beim Dotcom-Hype der späten 1990er Jahre so und später beim Krypto-Boom.
Auch bei der Börsenrally um das Thema künstliche Intelligenz hat der Chef der Aktienanalyse bei Goldman Sachs keinen Zweifel, dass die Quittung kommen wird. Vielleicht nicht dieses oder nächstes Jahr, letztlich aber schon, da ist sich Covello sicher. Er verteidigte jahrelang die Position des besten Analysten für den Tech-Sektor, bevor er 2015 bei der Bank Leiter des amerikanischen Tech-Research wurde.
Wirtschaftliche Revolution wird ausbleiben
Covello hält die Erwartung für falsch, dass die Hunderte von Milliarden Dollar, die die Unternehmen in KI investieren, die nächste wirtschaftliche Revolution auslösen werden. Auch mit den Vorteilen des Smartphones und des Internets dürfte die KI aus seiner Sicht nicht mithalten können. Sobald das klar werde, sollten aus seiner Sicht auch all die Aktien in die Knie gehen, die auf dem Rücken dieser Versprechen in die Höhe geschossen sind.
"Bei den meisten technologischen Umwälzungen in der Geschichte, vor allem bei denen, die einen Wandel herbeigeführt haben, haben wir sehr teure Lösungen durch sehr billige Lösungen ersetzt", so Covello im "Bloomberg"-Interview. Der potenzielle Ersatz von Arbeitsplätzen durch enorm teure Technologie sei quasi das genaue Gegenteil.
Künstliche Intelligenz könne Tätigkeiten wie Programmieren effizienter machen. Dies sei jedoch nicht annähernd genug, um die Kosten zu rechtfertigen, so der Analyst.
In den nächsten Jahren sei im Bereich KI-Infrastruktur mit Investitionen von rund einer Billion Dollar zu rechnen, sagt Covello. Um damit eine angemessene Rendite zu erzielen, müssten Unternehmen dazu übergehen, mit KI zunehmend komplexere Aufgaben zu lösen.
"Es kann lange dauern, bis Blasen platzen"
Bislang sind die Erträge aus den Firmeninvestitionen im Bereich relativ bescheiden. Laut einer Umfrage von Lucidworks warten noch über 40 Prozent der in KI investierten Unternehmen auf nennenswerte Renditen. Covello bezweifelt, dass sie sich in den meisten Fällen jemals einstellen werden.
Wenn sich in den nächsten anderthalb Jahren keine bedeutenden Anwendungen abzeichnen, so Covello, werde sich das Blatt an der Börse wenden. Noch sei es aber nicht so weit. Noch dürfte fortgesetzte Euphorie Anleger in Aktien wie Nvidia treiben. "Eine der wichtigsten Lektionen, die ich in den letzten drei Jahrzehnten gelernt habe, ist, dass es lange dauern kann, bis Blasen platzen." (mb/Bloomberg)