Flossbach-Research-Analyst: Dem Dollar droht der Vertrauensverlust
Die erratische Zoll- und Wirtschaftspolitik der Trump-Regierung untergräbt die Stellung des Dollar und die Stabilität am US-Anleihemarkt. Besserung ist nach Meinung von Christof Schürmann nicht in Sicht.
Mit einem Plus von 0,6 Prozentpunkten machten 30-jährige US-Staatsanleihen vor wenigen Wochen einen rekordverdächtigen Renditesprung. Nach Meinung von Christof Schürmann, Analyst beim Flossbach von Storch Research Institute, gerät gerade einiges ins Schwanken, unter anderem "das Vertrauen in die mit Abstand wichtigste Währung, den Dollar, und den wichtigsten Teil des Anleihemarktes, den für US-Staatsanleihen".
Der US-Anleihemarkt gilt traditionell als Rückzugsort bei Turbulenzen aller Art. Doch Schürmanns Bestandsaufnahme lässt Zweifel an diesem "Naturgesetz" der Märkte aufkommen. Seiner Meinung nach spricht vieles dafür, dass die Probleme des Dollar eher zu- als abnehmen könnten.
Finanzierungskosten für die US-Regierung dürften steigen
Da ist zunächst der Gesamt-Schuldenstand, der dieses Jahr die Marke von 36 Billionen Dollar überschritten hat. "Gemessen am Bruttoinlandsprodukt beträgt die Schuldenquote damit gut 121 Prozent", so Schürmann. Insgesamt standen Ende März 28,6 Billionen Dollar an marktgängigen US-Zinspapieren aus.
Und die Tendenz ist steil ansteigend. Nach einer Nettoneuverschuldung von 823 Milliarden Dollar im zweiten Quartal des aktuellen Fiskaljahres rechnet das US-Finanzministerium für das laufende dritte Quartal mit 123 Milliarden Dollar. Der Durchschnittszins auf sämtliche US-Schulden lag bei zuletzt 3,28 Prozent. "Sicher ist, dass das Angebot an US-Treasuries erheblich zulegen wird – was isoliert betrachtet zu höheren Zinsen führt, falls die Nachfrage nicht entsprechend wachsen sollte", sagt der Analyst.
Höhere Zinsen für langlaufende US-Staatsanleihen
Die sprunghafte Handelspolitik der US-Administration und bisher kaum sichtbare Sparmaßnahmen sieht er als eine weitere Hypothek für US-Staatsanleihen und den Dollar. "Zweifellos werden die USA ihre Währungsdominanz auf absehbare Zeit nicht verlieren", so der Experte. Allerdings hätten die USA schon seit Längerem deutlich an Solidität eingebüßt, abzulesen an immer höheren Staatsschulden bei fehlender Haushaltskonsolidierung. "Dollar-Anlagen, zumal Dollar-Zinspapiere, sind damit riskanter geworden. Investoren dürften deshalb für langlaufende Anleihen im Trend höhere Zinsen fordern", so Schürmann. Er warnt: "Hält die aktuelle, noch überschaubare Vertrauenskrise an, dann dürften die Märkte weiter durchgerüttelt werden. Ein schwacher Dollar ist erfahrungsgemäß kein gutes Signal." (jh)