Die Mehrheit der US-Notenbanker hat bei ihrer Sitzung Ende Juli die Inflationsgefahren höher eingeschätzt als die Risiken für den Arbeitsmarkt. Das geht aus dem am Mittwoch (20.8.) veröffentlichten Protokoll hervor. Das Stimmungsbild verdeutlicht eine wachsende Kluft im geldpolitischen Ausschuss.

Zinspolitik bleibt unverändert
An der Zinspolitik änderte die Fed Ende Juli nichts. Der Leitzins blieb in einer Spanne zwischen 4,25 und 4,5 Prozent. In ihrer Stellungnahme betonten die Notenbanker, die wirtschaftliche Aktivität habe sich im ersten Halbjahr abgeschwächt, der Arbeitsmarkt sei "robust", die Inflation jedoch weiter "etwas erhöht".

Geteilte Einschätzungen im Ausschuss
Mehrere Mitglieder hielten die Risiken für das Doppelmandat – Preisstabilität und Vollbeschäftigung – für ausgewogen. Andere äußerten sich besorgt über die Lage am Arbeitsmarkt. Das Protokoll nennt zwar keine Namen, doch die Fed-Gouverneure Christopher Waller und Michelle Bowman hatten gegen die Zinsentscheidung gestimmt – mit Verweis auf eine nachlassende Dynamik am Arbeitsmarkt.

Zölle als Unsicherheitsfaktor
Fed-Chef Jerome Powell sagte auf der Pressekonferenz, die inflationsfördernde Wirkung von Zöllen könne vorübergehend sein, die Notenbank müsse sich aber auch gegen längerfristige Effekte absichern. Im Ausschuss wurde diskutiert, ob Zölle nur einen einmaligen Preisschub oder eine dauerhafte Inflationswelle auslösen könnten.

"Mehrere Teilnehmer betonten, dass die Inflation über einen längeren Zeitraum hinweg über zwei Prozent gelegen habe, und dass diese Erfahrung das Risiko erhöht, dass sich die langfristigen Inflationserwartungen entankern könnten, falls die Auswirkungen höherer Zölle auf die Inflation anhalten", heißt es im Protokoll.

Viele Notenbanker merkten zudem an, dass es dauern könne, bis sich die vollen Auswirkungen der Zölle auf die Preise von Konsumgütern und Dienstleistungen niederschlagen.

Alle Augen auf Jackson Hole
Powell wird am Freitag (22.8.) in Jackson Hole, Wyoming, eine mit Spannung erwartete Rede halten. Das jährliche Symposium der Fed hat er in der Vergangenheit genutzt, um die Erwartungen der Investoren an die Zinspolitik zu steuern.

Die jüngsten Wirtschaftsdaten bestätigen, dass Vorsicht beim Thema Inflation geboten ist – gleichzeitig aber auch, dass das Vertrauen in den Arbeitsmarkt nachgelassen hat. Der stärkste Anstieg der Großhandelsinflation seit drei Jahren deutet darauf hin, dass Unternehmen begonnen haben, ihre Preise zur Kostendeckung anzuheben. Einige Fed-Mitglieder befürchten, dass die Zölle die Preise bis weit ins nächste Jahr hinein hochtreiben könnten. (mb/Bloomberg)