EZB stellt Inflationsmessung auf den Prüfstand
Kritiker fordern schon lange, die Europäische Zentralbank solle ihr Inflationsziel anpassen. Nun könnte es tatsächlich dazu kommen.
Vermögenswerte haben sich auch im vergangenen Jahr wieder erheblich verteuert – die Teuerungsrate im Euroraum verharrt aber weiterhin auf niedrigem Niveau. Kritiker fordern daher schon lange eine Reform der Inflationsmessung – bislang mit wenig Erfolg. Dank Corona hat die Debatte neue Nahrung bekommen: Wenn die gemessene Inflationsrate während des Shutdowns sehr niedrig war, dann auch deshalb, weil beispielsweise Benzin günstig war, als kaum jemand mit dem Auto fuhr – während Dinge wie Lebensmittel, die man weiter dringend brauchte, sich kräftig verteuerten.
Am Mittwoch (23. September) soll tatsächlich Bewegung in die Sache kommen. Im Rahmen ihrer strategischen Neuausrichtung will die Europäische Zentralbank (EZB) sich nicht nur mit der Frage beschäftigen, ob sie ihr Inflationsziel von derzeit "unter, aber nahe zwei Prozent" gegen ein neues austauschen soll. Sie will auch prüfen, ob die Inflation im Euroraum eigentlich richtig kalkuliert wird. Das berichtet die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (FAZ).
Kosten für Wohneigentum sind schwer zu ermitteln
Es sei gut denkbar, dass die Notenbank künftig beispielsweise die Kosten für selbstgenutzte Immobilien stärker berücksichtigt, erklärt Michael Schubert, EZB-Fachmann der Commerzbank auf Anfrage der Zeitung. Sowohl EZB-Präsidentin Christine Lagarde als auch EZB-Chefvolkswirt Philip Lane oder Bundesbankpräsident Jens Weidmann hielten das für eine gute Idee.
Allerdings kann die EZB das nicht alleine entscheiden. Sie muss sich dafür laut FAZ mit den Statistikbehörden abstimmen. Diese passen ihren Warenkorb zwar alle paar Jahre an. Die Kosten für selbstgenutztes Wohneigentum sind allerdings nicht ganz leicht zu ermitteln. Außerdem würden die langfristigen Wirkungen dieser Umstellung überschätzt, glaubt selbst Bundesbankpräsident Weidmann. Die Inflationsraten würden vor allem vorübergehend höher ausfallen. (fp)