"Die Ursache für die geringe Produktivität der europäischen Wirtschaft liegt in ihrer unzureichenden Innovationsfähigkeit, die wiederum auf die mangelnde Dynamik des Unternehmenssektors zurückzuführen ist", sagte Fabio Panetta, Gouverneur der Banca d'Italia, am Dienstag (3.12.) in einer Rede. "In den letzten zehn Jahren lagen die Investitionen europäischer Unternehmen in Forschung und Entwicklung bei etwa 60 Prozent der Investitionen US-amerikanischer Unternehmen, und der Abstand hat sich im Laufe der Zeit vergrößert."

Panetta wies darauf hin, dass die öffentliche Verschuldung der EU derzeit hauptsächlich aus der Aufnahme von Krediten für den sogenannten EU-Wiederaufbaufonds besteht, dessen Ausgaben 2026 enden werden. "Ab 2028 wird das ausstehende Volumen der EU-Anleihen abnehmen und in den nächsten drei Jahrzehnten nahezu Null erreichen", sagte der Gouverneur der Banca d'Italia. "Die Schaffung einer gemeinsamen fiskalischen Kapazität zur Finanzierung öffentlicher Güter würde Europa helfen, diese Anomalie zu überwinden."

Anlehnung an Draghis EU-Rettungsprogramm
Die Rede knüpft an einen Bericht des ehemaligen EZB-Präsidenten Mario Draghi an, in dem dieser sagte, die EU müsse jährlich zusätzliche Investitionen in Höhe von 800 Milliarden Euro mobilisieren, um ihre Verteidigungsausgaben zu erhöhen, neue Technologien zu entwickeln und ihre Ziele bei der Energiewende zu erreichen. Der beste Weg, dies zu machen, ist laut Draghi die Ausgabe von mehr gemeinsamen europäischen Anleihen.

Deutschland sträubt sich gegen diese Idee, da es die Risiken einer Schuldenvergemeinschaftung fürchtet. Der französische Präsident Emmanuel Macron hat gesagt, die EU müsse eine Lösung finden, sonst laufe sie Gefahr, ins Hintertreffen zu geraten.

Eine gemeinsame Verschuldung bedeutet laut Panetta "nicht die Schaffung einer 'Fiskalunion' und würde weder einen EU-Finanzminister noch Mechanismen für systematische Transfers zwischen den Ländern erfordern. Die Idee ist vielmehr, ein gemeinsames Ausgabenprogramm aufzustellen, um Investitionen zu finanzieren, die für alle europäischen Bürger unverzichtbar sind, und zwar durch einen kontinentweiten Produktivitätspakt." (mb/Bloomberg)