Die Börsen haussieren, doch das Virus mutiert. In dieser Lage empfiehlt Thomas Böckelmann, leitender Portfoliomanager des Vermögensverwalters Euroswitch, eine vorsichtige Anlagestrategie. Er hält die jüngsten Höhenflüge bei mehreren Aktienindizes vom November teilweise für ungerechtfertigt, das Aufkommen der Omicron-Variante des Corona-Virus hat die jüngste Marktbegeisterung aus seiner Sicht "als Sorglosigkeit enttarnt". "Gesehene Kursniveaus sind überhaupt nur zu rechtfertigen, wenn diese Unternehmen Weltmarktanteile jenseits der 50 Prozent erzielen. Utopisch, aber offenbar irrelevant für immer mehr Marktteilnehmer", sagt Böckelmann. 

Zunehmend rückt nun die Inflation ins Zentrum der Beobachtung – und die Reaktion der Notenbanken. Die Geldpolitik steht für den Experten vor einem "Realitäts-Check", weil sich die Inflation hartnäckig hält. Irgendwann lasse sich dann nicht mehr argumentieren, dass die Preisanstiege nur von kurzer Dauer sind: "Man spielt daher gezielt auf Zeit – auch das wahrscheinlichste Szenario für 2022."  

Einerseits streuen die Notenbanken Zuversicht, die Inflation werde sich wieder beruhigen. Andererseits bieten negative Realzinsen den schon jetzt hoch überschuldeten Staaten weiterhin scheinbar unbegrenztes Kreditaufnahmepotenzial: "Zinsanstiege wären trotz Inflation angesichts vieler ungewisser Faktoren bei der Entwicklung der Weltwirtschaft reines Gift." Viele Marktteilnehmer wünschen sich eher ein "Weiter so".  

Lob für die Ampel 
Eine echte Innovation sieht Böckelmann dagegen in Deutschland mit der neuen Regierung in Sicht: Die Aktienrente, also eine kapitalmarktorientiere Form der Altersvorsorge, wäre aus seiner Sicht eine echte Sensation und eine gute Nachricht für die Kapitalmärkte. Er lobt den Koalitionsvertrag: "Mit dem Aufbau einer Art Generationenfonds, der tatsächlich Wertschöpfung unterstützt und in diese investiert, scheint die neue Regierung ein dickes Brett gebohrt zu haben." (fp)