Neue DWS-Prognosen: Was die Zinspolitik für Aktien und Anleihen heißt
Um die Inflation einzudämmen, erhöhen die Notenbanken die Leitzinsen kräftig. Die Gefahr, damit die Wirtschaft abzuwürgen, wird EZB und Fed nicht davon abhalten, so die DWS. Die Analysten der Fondsgesellschaft sind für Konjunktur und Kapitalmärkte skeptisch.
Die hohe Inflation ist derzeit das beherrschende Thema an den Finanzmärkten. Vor allem schauen die Marktteilnehmer auf die Maßnahmen der Zentralbanken zur Bekämpfung der Preissteigerungen. Die DWS ist hier pessimistischer als andere: Die Fondstochter der Deutschen Bank geht davon aus, dass die Notenbanker in den kommenden zwölf Monaten die geldpolitischen Zügel aggressiver anziehen werden als viele denken.
"Kurz gesagt befürchten wir, dass das inflationsbereinigte – also reale – Wirtschaftswachstum weiterhin ins Stocken geraten wird. Dagegen dürfte die Inflation hartnäckig deutlich über zwei Prozent bleiben, und damit höher als es Zentralbanken recht sein kann. Sowohl die Fed als auch die EZB scheinen erpicht, ihre Glaubwürdigkeit wiederherzustellen und die Inflationserwartungen fest im Zaum zu halten, selbst auf Kosten wirtschaftlicher Abschwünge", heißt es in einem Marktkommentar der DWS.
Nullwachstum in Deutschland
In konkreten Zahlen ausgedrückt bedeutet das, dass die DWS in Deutschland für 2023 mit einer Inflation von 6,2 Prozent und einer Nullnummer beim Bruttoinlandsprodukt rechnet. Für Europa geht sie im kommenden Jahr von einer Inflation von 5,0 Prozent und einem Wirtschaftswachstum von immerhin 0,7 Prozent aus. Den Einlagensatz der EZB sehen die Experten im September 2023 bei 2,0 Prozent, aktuell beträgt dieser null Prozent. In den USA dagegen wird die Inflation der Prognose zufolge nur 3,3 Prozent betragen. Die untere Grenze der Leitzinsspanne der Fed sieht die DWS in zwölf Monaten bei 3,5 Prozent, derzeit sind dies 2,25 Prozent.
Wirtschafts- und Marktprognosen der DWS
Die makroökonomischen Einschätzungen haben auch Auswirkungen auf die Einstufung der verschiedenen Anlageklassen. So ist die DWS weiter vorsichtig bei Staatsanleihen. "Zumindest kurzfristig trübt dies auch für andere festverzinsliche Anlagen die Aussichten", meinen die Experten. Vor dem Hintergrund einer wachsenden Zahl geopolitischer Risiken wiederum seien Rohstoffe, einschließlich Edelmetalle wie Gold, hauptsächlich als Portfoliodiversifikatoren attraktiv, weniger in Bezug auf ihr absolutes Potenzial.
Druck auf die Unternehmensgewinne
"Bleiben also Aktien. Unsere leicht gestutzten Kursziele deuten nur auf ein begrenztes Aufwärtspotenzial auf Zwölfmonatssicht hin. Weitere volatile Episoden auf dem Weg dorthin würden uns nicht überraschen. Denn die vollen Auswirkungen der geldpolitischen Straffung beginnen erst langsam in den Wirtschaftswachstumsraten der großen Volkswirtschaften und bei den Unternehmensgewinnen sichtbar zu werden", erläutern die DWS-Analysten. Sie prognostizieren für die nächsten zwölf Monate nominale Gewinnsteigerungen von null bis fünf Prozent, also deutlich unter der Konsumentenpreisinflation.
Der Anstieg der Rohstoff- und Energiepreise habe die Herstellungskosten auf breiter Front erhöht. Damit würden sich auch die relativen Preise in der gesamten Weltwirtschaft verschieben. Arbeitskräftemangel und steigende Löhne könnten die Margen der Unternehmen zusätzlich belasten. Und nicht zuletzt schaffen sich ändernde Verbraucherpräferenzen weitere Unsicherheiten bei den Gewinnschätzungen, wie die Analysten erläutern. (jb)