DWS-Chefstratege: "Wir sind noch nicht ganz aus dem Schneider"
Die Übernahme der angeschlagenen Credit Suisse sieht DWS-Investmentchef Björn Jesch als gute Lösung. Doch die Lage bleibe weiter angespannt. Im Nachhinein könne sich die Krise als heilsame Entwicklung herausstellen.
Die Zustimmung der Schweizer Großbank UBS zum Kauf der strauchelnden Credit Suisse sieht Björn Jesch, Chefstratege der Fondsgesellschaft DWS, als das "bestmögliche Ergebnis für die globalen Finanzmärkte". Denn Jesch und sein Team gehen davon aus, "dass dadurch das Vertrauen in das europäische Bankensystem wiederhergestellt wird", sagte Jesch in einer Stellungnahme für FONDS professionell ONLINE.
Nach Krisensitzungen am Wochenende hatte die UBS am Sonntagabend (19.3.) mitgeteilt, die angeschlagene Konkurrentin Credit Suisse übernehmen zu wollen. Der Deal war unter dem Druck der Schweizer Regierung zustande gekommen. Nachdem die Credit Suisse mit Skandalen rang und Kunden in den vergangenen Monaten Milliarden abzogen, scheint 166 Jahre nach ihrer Gründung das Aus der Bank besiegelt.
"Bedingungen weltweit erheblich verschärft"
"Wir sind jedoch noch nicht ganz aus dem Schneider", schränkt Jesch ein. "Die koordinierten Maßnahmen der globalen Zentralbanken zur Verbesserung des Zugangs zu Dollar-Liquidität zeigen, dass sich die finanziellen Rahmenbedingungen weltweit erheblich verschärft haben und dass entschlossenes Handeln erforderlich ist, um eine Ansteckung des Bankensektors auf andere Bereiche der Wirtschaft zu vermeiden."
Die US-Notenbank Fed sowie fünf weitere Zentralbanken haben eine konzertierte Aktion angekündigt, um mit Dollar-Swap-Vereinbarungen die Liquidität zu erhöhen und so die wachsenden Spannungen im globalen Finanzsystem zu lindern. Die US-Notenbank stellt Swap-Linien in der Regel dann zur Verfügung, wenn Dollar-Mangel besteht. Neben der Fed nehmen auch die Europäische Zentralbank (EZB) sowie die Schweizerische Nationalbank (SNB) an der Aktion teil.
"Schwache Akteure verschwunden"
"Nun gilt es, die weitere Entwicklung der Kreditvergabe – der Sauerstoff der Wirtschaft – genau zu beobachten", führt Jesch aus. "Ein sogenannter Kredit-Crunch würde die globalen Wachstumsaussichten erheblich verändern." Gleichzeitig sei die aktuell zu beobachtende Verschärfung der finanziellen Bedingungen genau das, worauf die Zentralbanken hingearbeitet haben, um die Wirtschaft abzubremsen und somit die Inflation wieder auf ein erträgliches Maß zurückzuführen, so der globale Chefstratege der DWS.
"Unterstellt, dass uns eine ausgewachsene Krise erspart bleibt, besteht eine gute Chance, dass wir in einem Jahr auf den März 2023 zurückblicken und feststellen, dass die Entwicklungen gesund waren", meint Jesch. "Das Risiko einer ausufernden Inflation wäre gebannt, einige schwache Akteure wären aus dem Markt verschwunden, und der wirtschaftliche Schaden hielte sich in Grenzen." Dies wiederum könnte für einen soliden Start in einen gesunden neuen Wirtschaftszyklus sorgen, meint der Investmentstratege. (ert)