Die Flucht aus langlaufenden US-Staatsanleihen in den vergangenen Tagen hat Sorgen aufkommen lassen, ob die Papiere ihrem Ruf als sicherer Hafen noch gerecht werden können. Die Rendite zehnjähriger Treasuries war am Mittwoch (9.4.) zeitweise über 4,5 Prozent gestiegen. Die Rendite 30-jähriger Papiere hatte kurzzeitig die Fünf-Prozent-Marke überschritten. Die damit verbundenen Kursverluste erreichten ein Niveau, das zuletzt vor mehr als fünf Jahren erreicht worden war – dabei gelten US-Staatsanleihen als eine der sichersten Anlagen überhaupt.

"Dies ist ein Notverkauf von Staatsanleihen", sagte Calvin Yeoh, Portfoliomanager beim Hedgefonds Blue Edge Advisors. "Ich habe seit dem Chaos der Pandemie keine Kursbewegungen oder Volatilität dieses Ausmaßes mehr erlebt." Die Lage beruhigte sich erst wieder, nachdem Donald Trump am Mittwochabend europäischer Zeit in dem von ihm losgetretenen Zollkonflikt zumindest teilweise einlenkte: Der US-Präsident sagte zu, die vorgesehenen Extrazölle für Importe aus den meisten Ländern für 90 Tage aussetzen zu wollen, um den betroffenen Ländern Zeit für Verhandlungen einzuräumen.

"Toxische Kombination"
"Fallende Aktienkurse, ein schwächerer US-Dollar und zugleich steigende Anleiherenditen stellen eine toxische Kombination dar. In jedem anderen Land würde man dies vermutlich als Staatskrise bezeichnen", sagte Paul Diggle, der Chefökonom von Aberdeen, am Mittwochnachmittag. Er verwies auf die "politischen Unsicherheiten in den USA", die Investoren dazu veranlassten, höhere Risikoprämien zu verlangen. "Die Realrenditen steigen, obwohl sich der Wachstumsausblick eintrübt – ein Hinweis darauf, dass der Renditeanstieg nicht primär durch Inflation, sondern durch Risikoaufschläge getrieben wird."

Edgar Walk, der Chefvolkswirt von Metzler Asset Management, sieht die Entwicklung als "bedrohlich" an. Der Patient US-Wirtschaft zeige kritische Vitalwerte, darunter hohe High-Yield-Spreads und steigende Zinsen, was auf eine längere schwierige Marktphase hindeute, schrieb er in einem Marktkommentar am Mittwoch. In der Bilderstrecke oben hat die Redaktion zusammengetragen, wie sich Investoren und Marktbeobachter den jüngsten Kursverfall der US-Treasuries erklären – einfach durchklicken! (bm/Bloomberg)