Bundesbankchef steigt bei Zinssenkungen auf die Bremse
Angesichts der Annäherung der Inflation an das Zwei-Prozent-Ziel der Europäischen Zentralbank mahnt Bundesbankpräsident Joachim Nagel mit Blick auf künftige Zinsentscheidungen zur Vorsicht.
"Da sich der Preisauftrieb bei den Dienstleistungen mit abnehmendem Lohndruck allmählich verringern sollte, rückt der Zeitpunkt näher, von dem an wir mit einer nachhaltigen Rückkehr zur Zwei-Prozent-Marke rechnen können", sagte Joachim Nagel, Präsident der Deutschen Bundesbank, am Montag (25.11.) bei einer Veranstaltung in Dortmund.
Es sei jedoch wichtig, "nur graduell und nicht zu schnell" zu lockern, da es für die Verbraucherpreisentwicklung weiterhin Risiken gebe, so Nagel. So sei nicht auszuschließen, dass das Lohnwachstum langsamer zurückgeht als erwartet. "Sehr real" sei zudem das Risiko, dass sich mögliche handelspolitische Maßnahmen der neuen US-Regierung unter Donald Trump hierzulande in höherer Inflation niederschlagen.
Seine Äußerungen kommen knapp drei Wochen vor der letzten geldpolitischen Sitzung der EZB im Jahr 2024, bei der die Währungshüter aller Voraussicht nach eine weitere Zinssenkung vornehmen werden. Einige Investoren und Ökonomen spekulieren sogar über eine Senkung um 50 Basispunkte, nachdem die Wachstumsdaten am Freitag enttäuschend ausgefallen sind.
Die Inflation im Block dürfte im November auf 2,3 Prozent gestiegen sein und somit auf den höchsten Stand seit vier Monaten, schätzen von "Bloomberg" befragte Ökonomen. Die EZB erwartet eine nachhaltige Rückkehr zum Ziel von zwei Prozent im Laufe des Jahres 2025, wahrscheinlich in der ersten Jahreshälfte.
Ob es im Dezember einen weiteren Zinsschritt geben wird, werde die EZB auf Basis der dann vorliegenden Daten und der Prognosen der Fachleute entscheiden, so Nagel, der im EZB-Rat zu den Falken gehört. Die Währungshüter seien jedoch davon überzeugt, "dass wir auch mit den niedrigeren Zinsen unser Inflationsziel von zwei Prozent bald und dauerhaft erreichen". Nagel verwies dabei auf die drei Zinssenkungen der EZB seit Juni.
Wie alle geldpolitischen Maßnahmen wirkten sich Zinssenkungen allerdings erst mit Verzögerung aus, sagte er. "Deshalb wäre es zu spät, den Kurs erst dann zu lockern, wenn die Zielinflationsrate erreicht ist", sagte Nagel. Bei einem Einlagensatz von 3,25 Prozent wirke die Geldpolitik immer noch restriktiv. (mb/Bloomberg)