Bundesbankpräsident Joachim Nagel, der an der Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds in Washington teilnimmt, sagte, dass bei der letzten Sitzung der Währungshüter in diesem Jahr im Dezember alle Optionen auf dem Tisch lägen. Zu einem möglichen Ergebnis wollte er sich nicht äußern. "Wir sollten nicht zu voreilig sein", warnte er am Donnerstag (24.10.) gegenüber "Bloomberg TV". "Wir werden alle Optionen haben, und diese Optionen basieren auf den Daten, die uns im Dezember vorliegen."

Da die Inflation im Euroraum das Zwei-Prozent-Ziel der EZB wahrscheinlich früher als erwartet im Jahr 2025 erreichen wird und die Wirtschaft nur schwer in Schwung kommt, werden die Diskussionen unter den Währungshütern über das weitere Vorgehen immer kontroverser. Die Befürworter einer lockeren Geldpolitik drängen auf schnellere und stärkere Zinssenkungen, aber Falken wie Nagel wollen nichts überstürzen, da noch einige Risiken für die Preisentwicklung bestehen.

Gegenteilige Ansichten im EZB-Rat
In die gleiche Kerbe wie Nagel schlägt auch Belgiens Zentralbankchef Pierre Wunsch, der im EZB-Rat ebenfalls zu den Falken zählt. Die EZB müsse erst einmal weitere Inflationsdaten abwarten und beobachten, wie sich die Wirtschaft entwickle. Erst dann ließen sich Schlussfolgerungen ziehen, so der Notenbanker. "Ich sehe nicht ein, warum wir im Dezember eine Diskussion über 50 Basispunkte führen sollten", sagte Wunsch. "Ich halte das für wirklich verfrüht." 

Ganz anders sieht das Ratsmitglied Martins Kazaks. "Wir sollten die Zinsen nicht länger als nötig auf hohem Niveau halten, da wir sonst der Wirtschaft und den Bürgern mehr Schaden zufügen würden als nötig", sagte der lettische Währungshüter in einem Interview mit der Nachrichtenagentur "Bloomberg" auf der IWF-Jahrestagung.

Gleichzeitig betonte er, dass der inländische Preisdruck trotz des "viel schneller als erwartet" sinkenden Inflationsniveaus "etwas hartnäckig" sei. Die Unsicherheit sei hoch, und Risiken mit Blick auf den Nahen Osten, die Energiepreise und die US-Wahlen bestünden weiterhin. Deshalb sei es "sinnvoll, Schritt für Schritt vorzugehen". (mb/Bloomberg)