Bundesbankchef: EZB sollte kräftig nachlegen
Ein fortgesetzter Trend steigender Verbraucherpreise wird weitere Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank nötig machen, ist Bundesbankpräsident Joachim Nagel überzeugt.
"Der Schritt vom Donnerstag war ein deutliches Zeichen und es müssen, wenn das Inflationsbild so bleibt, weitere deutliche Schritte folgen", sagte Joachim Nagel, Präsident der Deutschen Bundesbank, am Sonntag im Interview mit dem "Deutschlandfunk". Zum Umfang solcher Schritte wollte er sich nicht äußern. Er verwies darauf, dass die Zentralbank datenabhängig agiere.
Die EZB hat die Leitzinsen vergangene Woche um beispiellose 75 Basispunkte angehoben. Wie zu hören ist, sind die geldpolitischen Entscheider auch bei der Sitzung im Oktober zu einem weiteren Jumbo-Zinsschritt bereit, wenn der Inflationsausblick dies rechtfertigt.
Ihren Höchststand könnte die Inflation nach Ansicht von Nagel im Dezember erreichen – mit möglicherweise mehr als zehn Prozent. "Im Jahresverlauf 2023 dürfte sich das Inflationsbild etwas abschwächen", sagte der Bundesbankchef, der im EZB-Rat zu den Falken zählt. "Aber dennoch wird die Inflationsrate im kommenden Jahr voraussichtlich mit über sechs Prozent deutlich zu hoch liegen."
Zwei-Prozent-Inflationsziel "von entscheidender Bedeutung"
Weitere Zinserhöhungen erwartet auch EZB-Direktoriumsmitglied Frank Elderson. "Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die Menschen und die Unternehmen, also die Wirtschaftsakteure im Allgemeinen, ihr Vertrauen darauf bewahren, dass wir als EZB unser Ziel von zwei Prozent Inflation erreichen werden", sagte er am Sonntag in einer Sendung im niederländischen Fernsehen.
Zur Eindämmung der Inflation die Zinsen anzuheben, könnte schwieriger werden, wenn die Eurozone in die Rezession abrutscht. Dennoch hat es für Nagel Vorrang, die Inflationsentwicklung "wieder in den Griff" zu bekommen – und diese Meinung werde nach seiner Ansicht auch vom EZB-Rat geteilt.
Stabile Preise seien "am Ende viel wichtiger" für ein mittelfristiges und langfristiges Wachstum sowie einen "guten Ausblick" für den Euroraum, so Nagel. Möglicherweise gebe es eine Durststrecke zu überwinden. "Aber derzeit sieht es zumindest so aus, dass diese Durststrecke und der Rückgang der Wirtschaftsleistung nicht stark ausfallen könnte." (mb/Bloomberg)