Der Dollar zeigt sich seit der US-Wahl von seiner starken Seite. Zahlreiche Experten halten den Greenback für deutlich überbewertet. Dem stimmt auch Benoit Anne, Anleihenexperte bei MFS Investment Management, zu. Doch trotz Überbewertung und technischer Risiken glaubt er, dass die Stärke noch weiter anhalten könnte.

US-Wachstum treibt den Dollar-Kurs
Das neue Makro-Regime der "Trumpilocks" zeichnet sich nach Annes Meinung durch ein starkes Dollar-Umfeld aus. Das sei keine Überraschung: "Die USA wachsen tendenziell schneller als alle anderen, die Fed senkt die Zinsen weniger als alle anderen, und die US-Regierung hat fast allen anderen mit Zöllen gedroht." Der starke Dollar sei also das Ergebnis der makroökonomischen Outperformance der USA in Kombination mit den Auswirkungen der Trump-2.0-Politik.

Die Verwerfungen sind gravierend: Der US-Dollar habe zuletzt gegenüber den Währungen der anderen Industrieländer doppelt so stark zugelegt wie gegenüber den Währungen der Schwellenländer. Nach der Anpassung an die Inflationsunterschiede liege der Dollar derzeit 20 Prozent über seinem langfristigen Durchschnittsniveau der vergangenen 25 Jahre.

Stärke trotz Überbewertung
Für den MFS-Experten heißt das: "Sofern wir nicht davon ausgehen, dass sich die Produktivität und das langfristige Wachstumspotenzial in den USA strukturell verändert haben, ist der Dollar überbewertet." Dies müsse nicht dazu führen, dass er in naher Zukunft an Wert verliere. Aber Anne verweist auf ein Risiko: Der Dollar gelte inzwischen als "Crowded Trade", sodass die technische Unterstützung fehle. In der Vergangenheit seien indes die realen kurzfristigen Zinsdifferenzen gegenüber dem Euro ein wichtiges Signal gewesen, in welche Richtung sich der Dollar bewegen würde – und da öffnet sich die Zinsschere wohl weiter zugunsten des Dollar. Kurzfristig rechnet Anne jedenfalls nicht mit einer Trendwende bei der US-Währung. (jh)