Börse Wien schließt kuriose Lücke
Österreichische Staatsanleihen kommen nun in den fortlaufenden Handel an der Wiener Börse. Kleinanleger müssen damit nicht mehr notwendigerweise an andere Handelsplätze ausweichen. Sie fanden in Wien bisher beim Blick auf den Kurszettel oft nur sehr "in die Jahre gekommene" Preise vor.
Seit diesem März sind österreichische Bundesanleihen an der Wiener Börse im Rahmen der fortlaufenden Auktion handelbar. Kauf und Verkauf können damit an Handelstagen zwischen 9:15 und 16:30 Uhr über die Bank und den Online-Broker abgewickelt werden, wie die Börse Wien mitteilt. Möglich macht das eine Vereinbarung mit Erste Group und Raiffeisen Bank International (RBI), die als Market Maker für kontinuierliche Liquidität sorgen und die eine marktgerechte Preisqualität sicherstellen sollen, indem sie während der gesamten Handelszeit Kauf- und Verkaufsangebote bereitstellen.
Davor fehlte für österreichische Bundesanleihen ein solcher Market-Maker-Vertrag, bei dem sich Banken verpflichten, laufend Preise zu stellen. Für Privatanleger bedeutete das, dass ein Kauf oder Verkauf über Wien kaum realistisch war. In vielen österreichischen Bundesanleihen fand über lange Zeiträume hinweg überhaupt kein Handel statt, und der Blick auf den Kurszettel offenbarte komplett überholte Werte – oft waren sie monate-, manchmal sogar jahrealt. Kleinanleger, die österreichische Staatsanleihen handeln wollten, klickten im Depot auf liquide Handelsplätze wie Frankfurt.
"Wettbewerbsfähige Preise"
Ein Börsensprecher sagte auf Nachfrage der Redaktion, dass die Preise im Wiener Staatsanleihenhandel kompetitiv mit Plätzen wie Frankfurt sein sollen. Es existiere eine entsprechende Quotierungsverpflichtung in Abstimmung mit der Österreichischen Bundesfinanzierungsagentur (OeBFA), Erste Bank und RBI.
Bei der Neuerung handelt es sich hauptsächlich um eine Verbesserung für Kleinanleger, "durchaus aber auch für semiinstitutionelle Investoren", wie der Sprecher erklärte. Diese Anlegergruppen würden damit Zugang zum Sekundärmarkt bei Bundesanleihen erhalten, samt Preistransparenz und Ausführungsgarantie. Große institutionelle Investoren handeln häufig nicht über die Börsen, sondern über Plattformen wie Bloomberg, wo Deals sehr rasch und extrem spesengünstig zustande kommen.
Das neue Market-Maker-Service ist ein weiterer Schritt in Richtung mehr Kleinanlegerbeteiligung in Österreich. Weitere Maßnahmen könnten folgen. So hat die Börse Wien vor einiger Zeit das Service Firstplace eingerichtet, über das Endanleger an Emissionen (Aktien und Anleihen) teilnehmen können. Auch Staatsanleihen könnten eventuell künftig über Firstplace angeboten werden. "Das ist tatsächlich eine interessante Option, die diskutiert wird", so der Börsensprecher. Konkrete Pläne gibt es aber aktuell nicht, der Fokus liege derzeit auf dem Sekundärmarkt. Die Mindeststückelung für nach dem 23. August 2023 begebene Bundesanleihen beträgt 100 Euro. Davor waren es 1.000 Euro.
33 Bundesanleihen verfügbar
Aktuell sind laut Börse Wien 33 österreichische Bundesanleihen mit Restlaufzeiten zwischen vier Monaten und 96 Jahren und einem Volumen von mehr als 300 Milliarden Euro am Handelsplatz Wien gelistet. Darunter notieren zwei Green Bonds. Ein Investment in österreichische Bundesanleihen unterstütze nationale Entwicklungsinitiativen, betonte Finanzminister Magnus Brunner in einer Aussendung.
Die Adaption betrifft nur den Bereich der Bundesanleihen. Im restlichen Anleihenbereich gibt es keine Ausweitung im Market Making, wie der Börsensprecher erklärte. (eml)