Berenberg-Chefökonom: Der größte Fehler seit der globalen Finanzkrise
Mit ihrem Handelskrieg schadet die US-Regierung vor allem der eigenen Wirtschaft und Bevölkerung, sagt Berenberg-Chefvolkswirt Holger Schmieding. Eine De-Eskalation liege daher vor allem im Interesse der USA.
Berenberg-Chefökonom Holger Schmieding warnt vor einer Eskalation im Zollkonflikt: Sollte sich US-Präsident Donald Trump für eine weitere Eskalationsspirale statt Verhandlungen entscheiden, könnte sich sein Handelskrieg zum schlimmsten Fehler der Weltwirtschaftspolitik seit der großen Finanzkrise im September 2008 entwickeln, so Schmieding.
Zeit für Verhandlungen nutzen
Schmieding nennt aber einen entscheidenden Unterschied zwischen der globalen Finanzkrise und dem Handelskrieg: Als die Finanzmärkte im September 2008 zusammenbrachen, sei ein Großteil des Schadens unmittelbar entstanden. Bei einem Handelskrieg akkumulierten sich die Kosten dagegen im Laufe der Zeit. "So bleibt Zeit, um die Probleme anzugehen und den Schaden einzudämmen", meint Schmieding.
Er sagt: "Trumps Handelskrieg ist so offensichtlich schlecht für die US-Verbraucher, Investoren und Wähler, dass der sich abzeichnende Schaden die Chance erhöht, dass die Turbulenzen in Absprachen und nicht in Stagflation oder Schlimmerem enden." Er geht davon aus, dass die Hälfte der neuen Zölle gegen die EU und ein erheblicher Teil der zusätzlichen Abgaben gegen andere Länder innerhalb der nächsten drei Monate wegverhandelt werden können. Denn für ihn steht fest: Die USA würden aufgrund der Folgen für den Konsum und mangelnden Spielraums für Zinssenkungen besonders leiden.
US-Wirtschaftsprognose deutlich gesenkt
Seine Konjunkturprognosen hat Schmieding seit dem Amtsantritt von Trump am 20. Januar deutlich zurückgenommen. Für die USA erwartet er für 2025 nur noch 1,7 Prozent BIP-Wachstum statt 2,6 Prozent, und für 2026 rechnet er mit 1,6 Prozent. Zugleich dürfte die Kerninflation auf drei Prozent und damit deutlich über das Ziel der US-Notenbank Fed steigen. Für die Eurozone hat er die BIP-Prognose dagegen nur leicht von 1,0 auf 0,9 Prozent gesenkt, für 2026 glaubt er an 1,5 Prozent BIP-Wachstum. Die EZB dürfte die Zinsen dieses Jahr nach seiner Einschätzung auf 2,0 Prozent senken, während die Fed wohl keine Zinssenkungen vornehmen werde. (jh)