Anleger flüchten aus Europaaktienfonds
Das Tempo, in dem sich Fondskunden von ihren Investments trennen, erinnert an die Euro-Krise vor zehn Jahren. Optimisten können daraus jedoch Hoffnung schöpfen.
Investoren verabschieden sich in einem Ausmaß von europäischen Aktien, das zuletzt während der Schuldenkrise in der Eurozone vor einem Jahrzehnt zu beobachten war. Das berichten Anlagestrategen der Citigroup.
Der September wird demnach der achte Monat in Folge sein, in dem Anleger Geld aus Europaaktienfonds abziehen. Seit Jahresbeginn summierten sich die Abflüsse aus dieser Produktgruppe auf 102 Milliarden Euro, haben die Citi-Experten auf Basis von Daten des Analysehauses EPFR Global berechnet. Dies entspreche sechs Prozent des verwalteten Vermögens dieser Fonds. Die kumulierten Rückgaben seien schlimmer als während des "Corona-Crashs" 2020 und vergleichbar mit der Krise in der Eurozone 2011 und 2012, so die Citi-Strategen David Groman und Beata Manthey.
Mehr als 20 Prozent Minus
Einziges Hoffnungszeichen: Nach früheren Abflüssen in der Größenordnung von sechs Prozent des verwalteten Vermögens folgte für den MSCI Europe Index zwölf Monate später ein Anstieg von 16 Prozent, schreiben Groman und Manthey. Die globale Finanzkrise war indes eine Ausnahme – damals gingen die Verkäufe weiter.
Nun steht die europäische Wirtschaft erneut am Rande einer Rezession. Ausgelöst von hoher Inflation, Zinserhöhungen und einer schweren Energiekrise rutschte der marktbreite Index Stoxx 600 am Freitag in einen Bärenmarkt ab, nachdem er von seinem Rekordhoch im Januar um mehr als 20 Prozent gefallen ist. Die Anlagestrategen von Goldman Sachs erwarten für das nächste Jahr einen Rückgang der Gewinne um zehn Prozent.
"Unterbewertet und sehr billig"
Die Investmentstrategen von Barclays erklärten am Mittwoch, dass "europäische Aktien unterbewertet und sehr billig sind und gewissermaßen das Schlimmste schon eingepreist haben" und im Vergleich zu den teureren und breit gehaltenen US-Aktien attraktiv erschienen. Allerdings, so ergänzten sie, "bezweifeln wir, dass die billigen Bewertungen ausreichen werden, um eine Trendwende in Europa herbeizuführen, wenn es nicht zur Beilegung des Krieges in der Region kommt". (Bloomberg/bm)