Die Zusammensetzung des weltweiten Aktienmarkts verändert sich laufend. Neue Unternehmen gewinnen an Bedeutung, andere verlieren an Gewicht. Ganze Branchen rücken in den Vordergrund, während zuvor dominante Sektoren an Einfluss verlieren. Wie groß die Änderungen im Laufe der Zeit sind, hat Pascal Kielkopf, Kapitalmarktanalyst bei HQ Trust, anhand der Struktur des Weltaktienmarkts über die vergangenen 30 Jahre untersucht – und daraus einige Ratschläge für Anlegerinnen und Anleger abgeleitet. 

Als Grundlage seiner Analyse diente der MSCI ACWI, bei dem zusätzlich zu den Titeln des MSCI World noch rund zehn Prozent auf Aktien aus den Schwellenländern entfallen. Im Fokus der Analyse steht die Entwicklung der elf Sektoren des Index von Ende 1994 bis April 2024. Schon beim Blick auf die aktuell größten Sektoren gibt es Kielkopf zufolge einige wissenswerte Punkte: "Rund ein Viertel der weltweiten Aktienmarktkapitalisierung entfällt derzeit auf Technologieunternehmen. Ihr Anteil beträgt stattliche 24 Prozent. Dahinter folgen Finanzwerte mit 18 sowie die beiden Sektoren Industrie und zyklischer Konsum mit jeweils elf Prozent."

Vier Sektoren stark untergewichtet
Aktuell gebe es zudem lediglich zwei Bereiche, deren Indexanteil über dem langjährigen Mittel liegt: Kommunikation und Technologie – die "Magnificent Seven" lassen grüßen. Dagegen ist der Anteil von gleich vier Sektoren nah am jeweiligen Rekordtief: Energie, Materialien, Versorger sowie Immobilien.

Die Zusammensetzung ist jedoch keineswegs statisch. Über längere Zeiträume hinweg haben sich klare Verschiebungen gezeigt: "In den vergangenen 30 Jahren standen die Finanzwerte deutlich länger an der Spitze der Sektoren als die Tech-Riesen", so Kielkopf. "Im Zeitraum von November 2000 bis März 2018 war das sogar durchgängig der Fall. In diesen gut 17 Jahren hatten die Finanztitel das höchste Gewicht im MSCI ACWI. Überraschen dürfte viele Investoren, dass der Tech-Anteil seit dem Jahr 2000 nie unter zehn Prozent rutschte, auch nach dem Platzen der Dotcom-Blase nicht."

Woher kommen diese Veränderungen?
"Ausschlaggebend sind vor allem Kursentwicklungen einzelner Aktien, aber auch Börsengänge, Übernahmen und Delistings beeinflussen die Gewichtungen. Hinzu kommen langfristige Trends, wie etwa die Digitalisierung, die Veränderungen bei der Demografie oder ein geändertes Konsumverhalten", erklärt der HQ-Analyst die Verschiebungen. Zudem könne ein Indexanbieter strukturell eingreifen. "Im Jahr 2018 wurden Unternehmen wie Facebook (Meta), Alphabet (Google) und Netflix vom Technologiesektor in den neu gefassten Kommunikationssektor verschoben."

Schlüsse für Anleger
Aus seiner Analyse zieht Kielkopf einige Schlüsse für Anleger. "In der Vergangenheit war häufig zu beobachten, dass sich extreme Sektorkonzentrationen über die Zeit wieder in Richtung ihres langfristigen Mittels bewegten. Aktuell würde das tendenziell für eine allmähliche Abschwächung der Dominanz des Technologiesektors sprechen – und für ein Aufholen untergewichteter Bereiche wie Materialien, Versorger oder Immobilien", so der Experte.

Gleichzeitig zeige ein Blick zurück, dass solche Konzentrationen auch über viele Jahre hinweg bestehen bleiben konnten. Daher warnt er: "Wer in der Vergangenheit versuchte, sich frühzeitig dagegen zu positionieren, indem er stark über- oder untergewichtete Sektoren antizipierte, ließ häufig über Jahre hinweg Performance liegen – deutlich mehr, als in der späteren Umkehrphase aufgeholt wurde." (fp)