Acatis-Chef Leber: "ETFs sind das Fast Food der Finanzmärkte"
Der Fondsmanager glaubt, dass neben den Mega Caps auch andere Aktien stärker in den Vordergrund treten. Aktiven Managern würde das neue Chancen zur Outperformance eröffnen. Und auch in anderen Bereichen sieht Hendrik Leber den Markt in Bewegung.
Vergangenes Jahr zogen die Aktienschwergewichte die großen Indizes wie S&P 500 und MSCI World mit sich nach oben. Aktive Manager taten sich schwer, in diesen Momentum-getriebenen Börsen Mehrertrag gegenüber MSCI World & Co. sowie entsprechenden ETFs zu erzielen. Hendrik Leber ist aber überzeugt, dass aktive Auswahl und Management auf Dauer bessere Ergebnisse liefern können. Dabei könne auch künstliche Intelligenz Hilfestellung leisten. In einem Pressegespräch sprach der Acatis-Chef über aktuelle Investment-Trends.
"Gleichmacherei vom Feinsten"
Der Portfoliomanager sieht im globalen Aktienindex MSCI World "Gleichmacherei vom Feinsten", da unterschiedlichste Firmen ohne Rücksicht auf Gewinne, Verluste oder Zukunftsperspektiven zusammengepackt seien. Marktkapitalisierung werde damit wichtiger als Qualität. "Wenn dann gleichzeitig immer mehr Anleger über passive ETFs investieren, dann verstärkt das diesen Trend noch", so Leber. In der Folge würden die großen und teils hoch bewerteten Aktien noch mehr zulegen, die kleinen links liegen gelassen. Überhaupt sind ETFs für ihn "das Fast Food der Finanzwelt". Leber: "Sie sind kostengünstig und unkompliziert, aber am Ende bekommt der Anleger eben gut schmeckendes, aber ungesundes Fast Food."
Die Aufgabe aktiver Anleger sieht er vielmehr darin, Firmen zu finden, "die mehr bringen als die Einheitssoße". Dazu ist seiner Meinung nach langfristiges Investieren nötig, das er auch selbst zunehmend in anderen Fondsvehikeln wie etwa alternativen Investmentfonds anbieten möchte: "Wir glauben an die Entdeckung der Langsamkeit beim Investieren", so Leber. Eingehende Fundamentalanalyse und Selektion sieht er dabei als einen entscheidenden Erfolgsfaktor. Und gerade hier können Technologie und künstliche Intelligenz seiner Meinung nach in der Zukunft eine wichtige Rolle spielen – denn bei der Auswertung unstrukturierter Datenmengen seien die Algorithmen dem Menschen weit überlegen.
Kombination von Mensch und Maschine
Im Fondsmanagement rechnet Leber zunehmend mit einem engeren Zusammenspiel von Mensch und Maschine: "Der Mensch trifft die schlechtesten Entscheidungen, die Maschine ist besser, aber am besten sind Mensch und Maschine zusammen", so Leber. Eine Vorauswahl durch die KI und dann die Endauswahl durch den Menschen ist seiner Meinung nach eine ideale Kombination. Auch Acatis hat mehrere Fonds im Sortiment, deren Ansatz auf KI aufbaut oder diese in den Anlageprozess integriert. Im Vertrieb seien vor allem reine KI-Fonds aber schwierig zu verkaufen, da die komplexen Modelle für Kunden schwer zu verstehen seien.
Und noch ein Thema treibt Leber um: die Altersvorsorge. Die Pläne zum staatlich geförderten Vorsorgedepot, die seit dem Ende der Ampel-Koalition auf Eis liegen, begrüßt er und hofft auf die spätere Verwirklichung des Vorhabens. Ihm schwebt dabei eine steuerfreie Ansparphase vor mit einer nachgelagerten Besteuerung der Erträge. Die Mindesthaltedauer könnte dabei fünf Jahre betragen, um Zockerverhalten zu vermeiden. Bei einer Auswahl von Fonds oder auch ETFs wäre zudem ein reguliertes Umfeld sichergestellt. Wichtig sei aber, dass der Einzelne die Entscheidung darüber hat, wie er sein Kapital anlegt. "Es ist sehr motivierend, wenn man die unmittelbare Verbindung der eigenen Anlageentscheidungen zum Anlageerfolg sieht", so Leber. Eine bürokratische Lösung etwa in Form eines Staatsfonds lehnt er auch aus diesem Grund ab.
Potenzial bei Krypto-Assets
Optimistisch ist Leber zu Krypto-Assets: Er hält Kryptowährungen für vergleichbar mit Gold. "Gold hat eine Marktkapitalisierung von 13 Billionen US-Dollar, Bitcoin aktuell von zwei Billionen. Wenn ich mir das ansehe, ist das langfristige Potenzial für Bitcoin noch enorm", meint Leber. (jh)