50 Prozent auf EU-Waren: Trumps Zollhammer prügelt Kurse nach unten
Kaum hatten sich die Börsen vom "Liberation Day" erholt, packt der US-Präsident seinen Zollhammer wieder aus. Diesmal soll es Importe aus der Europäischen Union treffen. Alles nur Verhandlungstaktik? Dax und Co. knicken jedenfalls kräftig ein.
US-Präsident Donald Trump hat der Europäischen Union am Freitag (23.5.) mit einem Importzoll von 50 Prozent ab dem 1. Juni gedroht. "Unsere Gespräche mit ihnen führen zu nichts", ließ er verlautbaren. In Reaktion auf die Nachricht büßte der Dax zeitweise drei Prozent an Wert ein, erholte sich am Abend aber wieder etwas und schloss gut 1,5 Prozent im Minus. Der Euro Stoxx 50 ging mit einem Verlust von 1,9 Prozent aus dem Handel. Die wichtigsten US-Aktienindizes lagen am Freitagabend rund ein Prozent im Minus.
"Die Europäische Union, die in erster Linie gegründet wurde, um die Vereinigten Staaten im Handel auszunutzen, ist ein sehr schwieriger Verhandlungspartner", schrieb Trump in einem Beitrag auf "Truth Social". Er prangerte "mächtige Handelsbarrieren, Mehrwertsteuern, lächerliche Strafen für Unternehmen, nichtmonetäre Handelsbarrieren und Währungsmanipulation" an, hinzu kämen "unfaire und ungerechtfertigte Klagen gegen amerikanische Unternehmen".
Europa war den USA schon entgegengekommen
Die EU hatte Washington Anfang dieser Woche einen überarbeiteten Handelsvorschlag unterbreitet. Wie zu hören ist, umfasste er Vorschläge, die den Interessen der USA Rechnung tragen, etwa im Bereich Arbeitsrecht und Umweltstandards. Auch mit einer schrittweisen beiderseitigen Senkung der Zölle auf nicht sensible Agrarprodukte und Industriegüter auf Null wollte Brüssel den USA entgegenkommen, berichteten darüber informierte Personen "Bloomberg".
Der Vorschlag umfasste auch Bereiche, in denen die USA und die EU zusammenarbeiten könnten, beispielsweise gegenseitige Investitionen. Auch eine gemeinsame "strategische Beschaffung" in den Bereichen Energie, künstliche Intelligenz und digitale Konnektivität standen demnach zur Diskussion. Es gab jedoch Anzeichen dafür, dass die Vereinigten Staaten mit dem Angebot unzufrieden waren. Handelsminister Howard Lutnick sagte am Mittwoch bei einer Veranstaltung, einige Zollverhandlungen hätten sich als "unmöglich" erwiesen.
"Ökonomisches Sperrfeuer"
"50 Prozent Einfuhrzoll sind kein Scharmützel, das ist ökonomisches Sperrfeuer", betonte Kornelius Purps, Kapitalmarktstratege beim Hamburger Vermögensverwalter Antea, in einem Marktkommentar. "Für viele europäische Unternehmen – insbesondere aus der Automobil-, Maschinenbau- und Luxusgüterindustrie – bedeutet das einen massiven Kostenschock. Der Export in die USA wird aus dem Stand heraus unattraktiv." Produktionsverlagerungen, Preisaufschläge oder sogar Rückzüge vom US-Markt dürften die Folge sein, so Purps.
"Auch wenn Trumps Maßnahme vordergründig europäische Exporteure trifft – sie ist ein klassisches Beispiel für einen Schuss ins eigene Knie", meint der Kapitalmarktstratege. US-Unternehmen, die auf europäische Vorprodukte angewiesen seien, müssten mit höheren Einkaufspreisen rechnen. "Verbraucher in den USA werden die Zölle über steigende Endpreise zu spüren bekommen. Inflationäre Tendenzen, die derzeit ohnehin latent schwelen, könnten so neuen Auftrieb erhalten."
"Breit angelegte Dollar-Abwertung"
Laura Cooper, Macro-Strategin beim Asset Manager Nuveen, fühlt sich bei Trumps Zollangriff auf die EU an das Vorgehen gegenüber China erinnert – "eine taktische Maßnahme im Rahmen der Verhandlungen, die letztlich in einem milderen Ergebnis münden dürfte", wie sie es formuliert. "Europa hatte bereits mit Gegenmaßnahmen nach Ablauf der aktuellen 90-tägigen gegenseitigen Aussetzung gedroht, und die heutigen Entwicklungen deuten auf weitere wechselseitige verbale Auseinandersetzungen hin."
Sollte der Zollsatz von 50 Prozent bestehen bleiben, könnte dies das US-Wachstum um nahezu 0,5 Prozentpunkte belasten und die Kerninflation in diesem Jahr deutlich über drei Prozent steigen lassen, rechnet Cooper vor. "Doch ähnlich wie am 'Liberation Day' ist es noch zu früh, das Ende dieses Zoll-Schlagabtauschs auszurufen. Erste überzogene Marktreaktionen könnten sich wieder abschwächen, da es unwahrscheinlich ist, dass Europa letztlich mit höheren Handelszöllen belegt wird als China." Die anhaltende politische Unsicherheit werde jedoch weiterhin für Marktschwankungen sorgen und zum schrittweisen Verlust der Ausnahmestellung der USA beitragen – "mit der Folge einer breit angelegten Dollar-Abwertung bis zum Jahresende", so die Nuveen-Expertin. (Bloomberg/fp)