Flossbach-Analyse: Großteil deutscher Aktien bringt keinen Mehrwert
Über die vergangenen 20 Jahre gesehen haben fast 90 Prozent der in Deutschland handelbaren Aktien den Anlegern keinen Mehrwert gebracht. Zu diesem scheinbar vernichtenden Ergebnis kommt das Flossbach-Research-Institute. Doch einige Titel bescherten den Investoren stattliche Gewinne.
Lediglich zwölf Aktien haben in den vergangenen 20 Jahren mehr als die Hälfte des Ertrags aus deutschen Aktien erschaffen. Und nur 118 Aktien erwirtschafteten die gesamten Gewinne. Dabei standen über diesen Zeitraum mehr als 1.000 Titel den Investoren offen. Zu diesem Ergebnis kommt Philipp Immenkötter vom Flossbach von Storch Research Institute, dem Analysehaus des gleichnamigen Kölner Vermögensverwalters, in einer Studie.
"Ein Großteil der deutschen Aktien erbringt für das Aggregat aller Anleger keinen Mehrwert", folgert Immenkötter. Als die größten Wertsteigerer erwiesen sich die Titel von Siemens, SAP, Allianz, Mercedes-Benz Group und Deutsche Telekom mit jeweils über 75 Milliarden Euro. Unter den größten Wertvernichtern rangieren Commerzbank und Hypo Real Estate. Den Platz des größten Vermögensvernichters nimmt aber die Aktie der Deutschen Bank ein.
Vorsicht bei der Auswahl
Immenkötter erklärt die Konzentration der Wertschaffung auf wenige Titel mit der unausgewogenen Marktkapitalisierung. Es gebe wenige große, aber viele kleine Aktientitel, erläutert der Flossbach-Analyst. "Für Anleger bedeutet dies, dass große Vorsicht bei der Wahl der Aktientitel geboten ist, da sich viele langfristige Wertvernichter unter den Titeln befinden und wenige Titel für einen sehr hohen Anteil der Wertschaffung verantwortlich sind", so Immenkötter. "Daher muss die Auswahl der Aktien in einem Portfolio regelmäßig hinterfragt werden."
88 Prozent aller investierbaren deutschen Aktien im Aggregat hätten keinen Beitrag zur Wertschaffung geleistet, da sie genauso viel Wert geschaffen wie vernichtet haben, resümiert der Experte. "Zwar sind dies zunächst keine guten Nachrichten, dennoch können die hinter den Aktien stehenden Unternehmen einen hohen volkswirtschaftlichen Mehrwert erbracht haben", betont der Flossbach-Analyst. "Die Wertentwicklung an den Finanzmärkten spiegelt die Abweichung von den Erwartungen wider und muss daher nicht mit der wirtschaftlichen Leistung der Unternehmen übereinstimmen."
Vier vernichtende Jahre
Über die vergangenen 20 Jahre erschufen der Studie zufolge deutsche Aktien einen Wertzuwachs von 1,7 Billionen Euro. Davon entfällt wiederum der Großteil, nämlich 52 Prozent, auf Dividenden. Kurssteigerungen trugen lediglich zu 41 Prozent der Werterschaffung bei. Die übrigen sieben Prozent entsprangen Aktienrückkäufen. Über die vergangenen 20 Jahre habe es lediglich in vier Jahren, 2008, 2011, 2018 und 2022, eine aggregierte Wertvernichtung gegeben, beobachtet Immenkötter zudem.
Datengrundlage der Studie bilden alle im Zeitraum Januar 2003 bis Dezember 2022 öffentlich gehandelten Aktien deutscher Unternehmen, die im Prime Standard oder General Standard an der Deutschen Börse notierten. "Das Startdatum des Beobachtungszeitraums wurde auf Januar 2003 gelegt, da so die Entwicklung der Aktien von einem Tiefpunkt am Markt aus betrachtet werden kann", erläutert Immenkötter. (ert)