Felbermayr: "Werden Prognosen massiv nach unten anpassen"
Wifo-Chef Gabriel Felbermayr eröffnete den diesjährigen FONDS professionell KONGRESS in Wien mit einer starken Botschaft. Österreich müsse froh sein, 2024 überhaupt Wachstum zu sehen. Das, obwohl die Ausgangslage nicht so schlecht sei. Die momentan zähe Konjunktur sei auch psychologisch begründet.
Die österreichische Konjunktur kommt mit rund 0,8 Prozent Wachstum aus einem schwachen Jahr 2023 und muss sich auf ein weiteres zähes Jahr 2024 einstellen. Schuld sind nicht nur handfeste ökonomische Bedingungen, wie eine weiter erhöhte Inflation, globale Konflikte, eine Lieferkettenthematik durch die Suez-Krise und eine global flaue Industrieproduktion, sondern auch ein deutlicher psychologischer Effekt. Das sagte Wifo-Chef Gabriel Felbermayr in seinem Eröffnungsvortrag am diesjährigen FONDS professionell KONGRESS in Wien. Weil die österreichischen Verbraucher extrem pessimistisch sind, ist momentan mit einem sehr verhaltenen Konsumklima zu rechnen.
"Das Verbrauchervertrauen ist viel tiefer als während der Corona-Pandemie. Es verbessert sich nicht so, wie wir es für eine starke Konjunktur bräuchten", so Felbermayr. Grund dafür ist die hohe Inflation ab 2022, die für eine überraschend tiefgreifende Verunsicherung sorgt. Obwohl die Teuerung sinkt, erholt sich die Stimmung unter den Verbrauchern kaum. "Die Inflation hat einen viel höheren psychologischen Effekt als gedacht. In den Köpfen der Menschen ist der Rückgang noch nicht angekommen", so Felbermayr. Ökonomen müssten dies in Zukunft stärker berücksichtigen.
Wachstumsprognose zurückgenommen
"Wir werden unsere Prognosen für dieses Jahr massiv nach unten anpassen", so Felbermayr. Das Wifo war bisher für 2024 von einem Plus von 0,9 Prozent ausgegangen. Auf welchen Wert der neue Ausblick genau revidiert wird, sagte Felbermayr nicht. Er betonte allerdings vor versammeltem Finanzpublikum: "Wir werden froh sein, wenn wir 2024 positive Wachstumsraten sehen werden."
Ein Hoffnungsschimmer bestehe jedenfalls, nämlich dann, wenn sich das Verbrauchervertrauen deutlich verbessert. Grundsätzlich stehe Österreich nicht so schlecht da. Die Industrieproduktion habe in den vergangenen Monaten nur eine kleine Delle gesehen und zeige etwa nicht dermaßen stark nach unten, wie es momentan in Deutschland der Fall ist. Auch die Warenexporte seien nicht stark gesunken, was zeige, dass die österreichische Wirtschaft wettbewerbsfähig produziert. "Die Grundresilienz ist gut. Wir sollten es aber nicht vergeigen", betonte Felbermayr.
Inflation und Löhne
Das angekündigte Baupaket der Regierung sei gut. Es müsse aber auch an das verarbeitende Gewerbe (Industrie) gedacht werden. Insbesondere müsse die Inflation bekämpft werden. Inflation bedeute in Österreich über die historisch in den Lohnverhandlungen verankerte Benya-Formel, wonach die Löhne mit der Teuerung mitwachsen, automatisch höhere Löhne. Man müsse bedenken, dass über einen längerfristigen Zeitraum steigende Löhne in einer Währungsunion wettbewerbsmäßig nicht haltbar seien.
Auch global bleibt die Lage dieses Jahr "gemischt", wie der Wifo-Chef betonte. Zwar sind die Gaspreise nach den enormen Preisspitzen im Vorjahr wieder nahe an den Levels von vor Corona. Allerdings eben etwas darüber. Wenn Europa, das sich aus russischem Gas zurückzieht, weitgehend mit Flüssiggas versorgt wird, schlägt das automatisch auf die Preise durch. Gemeinsam mit den gestiegenen Frachtkosten durch die Krise am Suez-Kanal sorgt das für Preisauftrieb.
Zinssenkungen, aber mit verhaltenem Ausblick
Felbermayr geht davon aus, dass man 2024 die erwarteten Zinssenkungen der wichtigsten Notenbanken der Welt sehen wird. Allerdings sei die Frage, wann und wie umfassend. Denn die Inflation ist zwar in Wirtschaftsräumen wie den USA und Europa gesunken. Doch sie geht momentan kaum mehr zurück. Die Notenbanken würden die Zinsen eher aus Sorge um die Konjunktur senken, weniger, weil es das Inflationslevel wirklich hergibt, betonte Felbermayr. (eml)