FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2025

sei es ebenso erforderlich, dass „der Ver- braucher gemessen am gesamten Vertrag versteht, welche Leistung welchem Entgelt zugeordnet ist“. Zusätzliche Entgelte wie z.B. „Erhebungs- und Überweisungsspesen“ oder „Kosten für Drucksorten und Porto“ führen wegen möglichen Überschneidun- gen mit den Bearbeitungsentgelten zu einer Intransparenz und damit zur Aufhebung der Klausel. Der allgemeine Trend in dieser Zeit war jedoch, dass die Erst- und Beru- fungsgerichte die Klagen unter Hinweis auf die Leitentscheidung des OGH 6 Ob 13/16d überwiegend abwiesen. Jüngste Entscheidung des OGH Mit der Entscheidung zu 7 Ob 169/24i vollzog der OGH nun eine teilweise Kehrt- wende. Der OGH befand entgegen seiner Entscheidung von 2016, dass die Kredit- bearbeitungsentgelte nicht (mehr) als Hauptleistung eines Kreditvertrags anzu- sehen seien. Aufgrund dessen können die Kreditbearbeitungsentgelte, wenn sie in AGB oder Vertragsformblättern unverhan- delt enthalten sind, auf ihre Angemessen- heit hin überprüft werden. Bei der Frage nach der Angemessenheit ist ein di erenzierter Blick notwendig. Der OGH hatte konkret über folgende Klausel zu entscheiden: „Die Bank berechnet Ihnen 1,5 Prozent Bearbeitungsentgelt vom Kre- ditbetrag bei Zuzählung.“Er führt dazu die damit abgegoltenen Leistungen der Bank an, zum Beispiel Risikobeurteilung und Vertragserstellung.Weiters hält der OGH es für zulässig, dass das verrechnete Entgelt nicht mit dem tatsächlichen Aufwand exakt korrelieren müsse, und eine Pauscha- lierung sei zulässig, sofern die konkreten Kosten „nicht grob überschritten werden“. Im vorliegenden Fall sah der OGH (auch wegen der Besonderheiten des Verbands- verfahrens) „aufgrund der allein an der Höhe der Kreditvaluta bemessenen pro- zentmäßigen Pauschalierung von 1,5 Pro- zent (ohne Obergrenze)“ eine solche grobe Kostenüberschreitung als gegeben an. Die Bank darf sich folglich nicht mehr auf die entsprechende Vertragsklausel stützen. Dem Kreditbearbeitungsentgelt ist damit die rechtliche Grundlage entzogen, wes- halb es von den Kreditnehmern zurückver- langt werden kann. Auch wenn diese Entscheidung von den Kreditnehmern als Durchbruch gefeiert wird, so werden doch mehr Fragen aufge- worfen als beantwortet. Der Fokus zukünf- tiger Verfahren wird vor allem darauf lie- gen, welche Leistungen von der Bank kon- kret erbracht wurden und wie viele Stun- den dafür an!elen. Es wird außerdem zu klären sein, wie dieser Stundenaufwand zu bemessen ist und ob die eingesetzten Arbeitsmittel zu berücksichtigen sind. Rechtlich bleibt die Frage o en, ob die Bank – selbst bei Wegfall der Vertragsklau- sel – nach gesetzlichen Bestimmungen für ihre Leistungen ein Entgelt einbehalten darf. Die vorliegende Entscheidung wird daher nicht die letzte des OGH bleiben. Relevanz für die Vermittler Fest steht bereits, dass die jüngste OGH- Entscheidung zu einem erneuten Anstieg der Klagen gegen Banken führen wird. Insbesondere Prozesskosten!nanzierer machen massiv Werbung und sprechen in Presseaussendungen von einem „Milliar- dengeschäft“. In den kommenden Verfahren werden wohl auch die involvierten Kreditvermittler in den Zeugenstand gerufen werden. Sie sind es doch häu!g, die einen wesentlichen Teil der Vertragsverhandlungen mit den Kunden führen. Die Kreditvermittler dürf- ten dazu befragt werden, welche Leistun- gen sie bei der Kreditbearbeitung erbrachtt und wie viel sie dafür von der Bank beko- men haben. Viele Kreditvermittler stehen hier vor einem Dilemma: Bleiben sie loyal gegenüber ihren (ehemaligen) Kunden und unterstützen diese bei der Rückforderung? Oder stärken sie den Banken,mit denen sie oftmals noch in Geschäftsbeziehung ste- hen, argumentativ den Rücken? Sollten die Gerichte die Verrechnung des Kreditbear- beitungsentgelts als unzulässig beurteilen, besteht zudem das Risiko, dass Banken An- sprüche gegenüber Kreditvermittlern stel- len. Bei dieser Frage wird es vor allem auf den Inhalt des Vertriebsvertrags und hier be- sonders auf die Entgeltregelung ankommen. Prozesskosten!nanzierer treten in letzter Zeit häu!g an Kreditvermittler heran und versuchen so (teilweise gegen Entgelt) an Daten von potenziellen Kläger zu gelan- gen. Eine solche Datenweitergabe ist mit erheblichen rechtlichen Risiken für die Kreditvermittler verbunden. Jegliche Daten von Kreditvertragskunden – etwa auch die Information, ob ein Kreditvertrag abge- schlossen wurde – dürfen nicht ohne expli- zite Zustimmung des/der Kunden/-in an Dritte herausgegeben werden. Verstöße ge- gen Datenschutzbestimmungen wie auch gegen das Bankgeheimnis (von dem auch für Kreditinstitute tätige Personen umfasst sind) können zu emp!ndlichen Geld- und sogar Freiheitsstrafen führen. Die dargestellten Entwicklungen zeigen, dass die Kreditbearbeitungsentgelte die Gerichte noch länger beschäftigen werden. Bereits jetzt sind mehrere Verfahren beim OGH anhängig, und für dieses Jahr wer- den weitere Entscheidungen erwartet. Ob es damit zu mehr Klarheit kommen wird, bleibt abzuwarten. Die Autoren: Mag. Christian Lenz ist Rechtsanwalt,Thomas Mitscha, LL.M., ist Rechtsanwaltsanwärter in der auf Finanzmarktrecht spezialisierten Kanzlei BRANDL TALOS. FP Thomas Mitscha, BRANDL TALOS Rechtsanwälte Mag. Christian Lenz, BRANDL TALOS Rechtsanwälte fondsprofessionell.at 2/2025 239 FOTO: © UWE STRASSER I BRANDL TALOS, UWE STRASSER I BRANDL TALOS

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