FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2025
Da hat man ein vorgelagertes Thema, näm- lich dass das eine gewisse Preiskontrolle ist. Entgeltkontrollen sind uns aber eigentlich fremd. Im Prinzip gilt Privatautonomie. Selbst wenn es eine Nebenleistung wäre: Für Preiskontrolle ist die AGB-Kontrolle nicht gemacht. Was soll auch der Maßstab sein? Es gibt natürlich Sittenwidrigkeit oder Wucher. Aber eben keine Benachteiligungs- kontrolle. Und bei der prozentualen Kon- trolle sticht ein Problem ins Auge: Je höher die Valuta, desto höher die Gebühr, und desto eher ist sie nach dieser Idee unzuläs- sig. Es ist aber eigenartig, dass jemand mit einemMillionenkredit nun die Gebühr zu- rückbekommt, derjenige, der 100.000 Euro aufnimmt, aber nicht. Dazu kommt noch ein Gesichtspunkt: Bei höheren Kreditsummen wird man eher Angebote vergleichen und verhandeln.Das Ergebnis wäre paradox, denn was einzeln ausgemacht wurde, fällt nicht in die AGB- Kontrolle. Wer nicht verhandelt hat, hätte Vorteile. Der OGH sagt auch nicht, was eine zuläs- sige Gebührenhöhe wäre. Was weiß man nach demUrteil eigentlich? Das stimmt, in Wirklichkeit sagt der OGH: „Das ist ein Verbandsverfahren. Ich kann hier nur über eine Klausel generell spre- chen.“Es sind in einem konkreten Vertrags- verhältnis nicht automatisch 1,5 Prozent verboten. Zwischen den Zeilen kann man herauslesen, dass individuelle Prozesse anders ausgehen könnten: An einer Stelle nimmt der OGH ausdrücklich auf die kundenfeindlichste Auslegung Bezug. Die habe ich nur im Verbandsverfahren. Des- wegen ist das Urteil keine Blaupause für ein konkretes Rechtsverhältnis.Die Banken werden leider einfach sehr viele Klagen zu befürchten haben. Man hat 30-jährige Verjährungsfristen. Ist es ein Fehlurteil? Der OGH hat sich die Konsequenzen sei- nes Urteils sicher gut überlegt. So etwas wird oft auch in der akademischen Diskus- sion vorbereitet. Was aber nicht heißt, dass man nicht das eine oder andere Urteil kritisch sehen kann. Es macht das Feld für viele Folgeprozesse auf. Das wünscht man sich unter Gesichtspunkten der Rechts- sicherheit nicht. Und warum sollte jemand mit höheren Kreditsummen pro tieren? Das kann man, glaube ich, hinterfragen. Das Urteil folgte kurz nach einemOGH-Ver- bot gewisser Zusatzgebühren bei Fitness- centern. Kann es auf weitere Bereiche übergreifen? Müssen Versicherungen oder Vermittler überlegen, ob Courtagevereinba- rungenmit variablen Anteilen erlaubt sind? Ich glaube, dass die Preiskontrolle, die man bei den Banken sieht, eher ein Nebeneffekt und nicht die Intention war. Das Urteil trifft wohl keine Aussage über prozentuale Berechnungen von Entgelten. Auch bei den Zusatzentgelten gibt es abseits der Fitnesscenter viele Urteile, wo der OGH sie sehr wohl für zulässig hält. Zum Beispiel wurde eine Servicegebühr für die App- Nutzung eines Essenslieferanten als nicht kontrollfähige Hauptleistung eingestuft. Müssen Kreditmakler Provisionsrückforde- rungen fürchten? Momentan nein.Da müsste in einem Indi- vidualverfahren zuerst geklärt werden, ob die Bearbeitungsgebühr unzulässig ist, und wenn ja, dann würde die Begründung eine Rolle spielen. Es wird sehr darauf ankom- men, wie sich der OGH in Individualver- fahren zu diesen Gebühren stellt. Vielen Dank für das Gespräch. EDITH HUMENBERGER-LACKNER FP KURZ-VITA: Stefan Perner ist Vorstand des Departments für Privatrecht an der Wirtschaftsuniversität Wien. Der promovierte Jurist mit Habilitation im Jahr 2012 gilt als einer der maßgeblichen Experten in Österreich für Rechtsfragen im Finanzbereich, insbesondere für Versicherungs- und Bankthemen. » Die Banken werden leider einfach sehr viele Klagen zu befürchten haben. « Stefan Perner, WU Wien FOTO: © MARLENE FRÖHLICH FONDS & VERSICHERUNG Stefan Perner | WU Wien 174 fondsprofessionell.at 2/2025
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