FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2025
in Österreich eine Unschärfe beseitigen. Es war schon ein Spannungsverhältnis. Unabhängig bedeutet: auch wirtschaftlich nicht abhängig.Das muss man offen sagen. Diese Unschärfe sollte man beseitigen. Man muss deswegen aber nicht auf Provi- sionen verzichten. Denn wenn wirklich Transparenz das Thema ist, dann kann ich dem Kunden sagen, ich gebe dir einen Überblick über den Markt, berate dich nach bestem Wissen und Gewissen und bekomme eine Provision vom Anbieter. Dem Kunden muss ja klar sein, dass der Makler von irgendwem Geld erhalten muss, wenn ich ihm kein Honorar zahle. Klappt es, dass ein Makler situativ sagt, hier vermittle ich ungebunden, da unab- hängig? Ja, wenn es transparent ist. Innerhalb des Maklergewerbes kann ich mir gut vorstel- len, dass man situativ auch unabhängig auftritt und dann eben nur ein Honorar beziehen darf. Es gibt Makler, die vertrei- ben in der Früh Lebensversicherungen bei privaten Kunden. Dieser Markt lässt eine Honorarberatung nicht zu. Da wäre es in Ordnung, als ungebunden aufzutreten. Wenn derselbe Makler amNachmittag sei- ne Industriekunden unabhängig berät und dafür eine Honorarnote ausstellt, müsste das unproblematisch sein. Muss dafür die Gewerbeordnung geändert werden? Da steht von Unabhängigkeit gar nichts drin. Nur imCode of Conduct oder in den Verhaltensregeln müsste man ein paarmal die Unabhängigkeit entfernen. Es stimmt, im Maklergesetz steht einfach, was der Makler gegenüber dem Kunden tun muss, zum Beispiel bestmöglich bera- ten. Die Frage des Auftretens, wie muss ich mich dem Kunden gegenüber verhalten, ist aber eigentlich eine der Gewerbe- ordnung und der Standesregeln, die auf der Gewerbeordnung aufbauen. Und dort habe ich eben diese Unschärfe,wo über die Unabhängigkeit nichts gesagt wird. Bei anderen Gewerben ist das durchaus anders. Beim Kreditvermittler unterscheidet die Gewerbeordnung zwischen unabhängig und ungebunden. Warum soll nicht der Versicherungsmakler nach einem ähnli- chen Konzept verfahren? Das ist etwas, was man dem nationalen Gesetzgeber empfeh- len kann, weil sich dahin die europäische Regelung entwickelt. Es ist schlüssig, das zu antizipieren, damit der Markt damit um- gehen kann. Eine Regelung, mit der man längere Zeit leben kann, würde auch Rechtssicherheit bringen. Was die Branchemomentan auch sehr be- schäftigt, ist das OGH-Kreditgebührenurteil. Da wurde zum Beispiel ein 1,5-prozentiges Bearbeitungsentgelt in einem Vertrag der Bawag gekippt. Aus Sicht vieler Beobachter stößt das die jahrzehntelange Annahme um, dass Kreditbearbeitungsgebühren erlaubt sind. Waren Sie auch überrascht? Ich gehöre zu denen, die überrascht waren. Es gab 2016 eine Rechtsprechung des OGH, dass Kreditbearbeitungsgebühren nicht nur inhaltlich unproblematisch sind. Es hieß auch, wir schauen uns das als Gericht gar nicht an.Nur Nebenleistungen in den Allgemeinen Geschäftsbedingun- gen (AGB, Anm.) werden kontrolliert, aber nicht das Entgelt oder die Ware. Bei einem Kreditvertrag sind die wesentlichen Elemen- te Valuta, Laufzeit, Zinsen und die Bearbei- tungsgebühr. Zinsen und Bearbeitungsent- gelt korrespondieren außerdem, weil man meist höhere Gebühren hat, wenn man niedrigere Sollzinsen ausverhandelt oder umgekehrt. Das ist trotzdem transparent, weil mir der effektive Jahreszins zeigt, wel- ches Angebot das günstigere ist. Der OGH sagt in dem Fall, die prozentuale Gebühr von 1,5 Prozent ist nicht gerechtfer- tigt, weil ein größerer Kredit dann teurer wäre, obwohl er nicht so viel mehr Arbeit verursacht. Zählt das Argument? » Es war schon ein Spannungsverhältnis. Unabhängig bedeutet: auch wirtschaftlich nicht abhängig. « Stefan Perner, WU Wien FOTO: © MARLENE FRÖHLICH FONDS & VERSICHERUNG Stefan Perner | WU Wien 172 fondsprofessionell.at 2/2025
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