FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2023

Nicht nur bei Deutschlands westlichem Nachbarn findet die Stimme von Philippe Zaouati durchaus Gehör – und der Vorstandschef der Natixis-Tochter Mirova geht mit Kritik nicht sparsam um an Stellen, an denen er es für notwendig hält. E r ist Autor mehrerer Sachbücher und Romane, Lehrbeauftragter an der französischen Elitehochschule Science Po, Gründer eines Thinktanks und Mitglied verschiedener ESG-Expertengruppen: Da- mit ist Philippe Zaouati in Frankreich so etwas wie der Tausendsassa der Nachhaltig- keit. Im Hauptberuf leitet er als Vorstands- chef die in Paris ansässige Fondsgesellschaft Mirova, eine Tochter des Natixis-Konzerns, die als ESG-Pionier gilt. Wir haben ihn zum Gespräch besucht. Herr Zaouati, wie kommt es, dass gerade Mirova unter den Boutiquen von Natixis Investment Managers die Rolle eines Nach- haltigkeitspioniers übernommen hat? Philippe Zaouati: Ich habe mich schon als stellvertretender CEO der damaligen Natixis Asset Management – eine Tochter- gesellschaft von Natixis Investment Mana- gers, die heute als Ostrum Asset Manage- ment rmiert – längere Zeit, im Grunde seit der Finanzkrise 2008, intensiv mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinandergesetzt. Aber verantwortungsbewusstes Investieren stand damals gewissermaßen noch am Anfang, zumindest in einem sehr frühen Stadium. Entsprechende Kriterien in das Management von Investmentfonds zu inte- grieren, war noch weit davon entfernt, brei- te Akzeptanz unter Investoren, aber auch Initiatoren zu nden. Entsprechende Pro- dukte wären in einem Unternehmen, das damals schon 300 Milliarden Euro ver- waltete, gar nicht wahrgenommen worden. Also haben wir uns für eine Art „Proof of Concept“ entschieden. Was muss man sich darunter vorstellen? Unsere Gesellschaft wurde unter demneuen Namen Mirova aus Natixis Asset Manage- ment ausgegliedert. Mit einer Anfangsaus- stattung von einem Prozent der verwal- teten Assets, sprich drei Milliarden Euro, wollten wir beweisen, dass es möglich ist, in der Vermögensverwaltung ökologische und soziale Aspekte zu berücksichtigen, ohne auf eine hohe Ertragskraft verzichten zu müssen. Inzwischen verwalten wir mit einem Volumen von gut 27 Milliarden Euro fast das Zehnfache und bieten eine Vielzahl von Anlageprodukten in den unterschiedlichsten Anlageklassen an. Wie zum Beispiel? Begonnen haben wir mit Investments in traditionelle börsennotierte Aktien. Und durch die Erweiterung des Geschäfts auf festverzinsliche Wertpapiere wurden wir zu einem der Pioniere für Green Bonds. Spä- ter kamen Bereiche wie Infrastrukturanla- gen, erneuerbare Energien, aber auch sau- bere Mobilität und das Thema Energie- wende hinzu. Anfang 2021 haben wir den ersten Private-Equity-Fonds aufgelegt, der bereits nach weniger als einem Jahr sein Closing verkünden konnte. Sie haben aber offenbar schon früh er- kannt, dass man als ein auf Nachhaltigkeit ausgerichteter Asset Manager im Prinzip automatisch auch eine politisch oder ge- sellschaftlich relevante Rolle übernimmt. Ich war schon immer davon überzeugt, „Eine Ausschlussliste haben wir nicht“ » Nicht nur in Deutsch- land, auch in Frankreich wird die Debatte über Kernenergie durchaus heftig geführt. « Philippe Zaouati, Mirova FOTO: © FRANÇOIS DABURON MARKT & STRATEGIE Philippe Zaouati | Mirova 94 fondsprofessionell.at 1/2023

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