FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2023

D er Hype um die frei zugängliche „künstli- che Intelligenz“namens ChatGPT hält wei- ter an, und angesichts der scheinbaren Fähigkei- ten dieses und ähnlicher Programme drängt sich die Frage auf, ob dadurch Arbeitsplätze gefährdet sind.Dass Mitarbeiter von Servicecentern, die täg- lich E-Mail-Anfragen zu den immer gleichen Fra- gen beantworten, damit rechnen müssen, von au- tomatischen Systemen ersetzt zu werden, liegt auf der Hand. Allerdings ist dieser Trend nicht neu, schon seit Jahren werden derartige Routinetätig- keiten automatisiert. Wie sieht es aber bei bera- tenden Berufen aus, die Sachkenntnis erfordern? Mit dem gesam- ten Wissen des Internets imHintergrund sollte doch eine KI nicht nur die meisten Fragestellungen lösen können, sondern dabei auch e zienter sein als Menschen.Hier lautet die Antwort auf die Frage, ob KI-Systeme Menschen ersetzen können, auch langfristig „nein“, und dafür gibt es zwei Gründe. Der trivialere davon betri t das Thema Haftung. Anbieter solcher Systeme müssten für Fehler na- türlich haften. Und aktuell sind Systeme wie ChatGPT noch viel zu fehleranfällig, als dass dafür jemand die Haftung übernehmen würde. Ein Beispiel gefällig? Wir haben dem Tool die Frage gestellt: „Wem gehört die Fonds professionell Multimedia GmbH?“ Die Antwort ist beeindruckend ungenau: „Die Fonds professionell Multimedia GmbH gehört zu 100% der Fonds professionell GmbH, einem Fachverlag für die Investment- und Finanzbranche mit Sitz in Wien, Österreich. Die Fonds professionell GmbH bietet seit 2002 Fachinformationen für profes- sionelle Anleger und Finanzberater an und betreibt mehrere Tochterge- sellschaften, darunter die Fonds professionell Multimedia GmbH, die un- ter anderem die Website fondsprofessionell.at betreibt.“ Tatsächlich gab es niemals eine FONDS professionell GmbH, das Unternehmen heißt seit Gründung FONDS professionell Mul- timeda GmbH, und dies ist seit zwei Jahrzehnten online abrufbar. Dieser Fehler ist nicht tragisch, Geld will man einem solchen System aber wohl nicht anvertrauen. Noch schwerer wiegt die Tat- sache, dass gute Finanzberatung so viele Faktoren berücksichtigt. Aus heutiger Sicht ist unvorstell- bar, dass ein „Programm“ alle berücksichtigen könnte. Es geht eben nicht nur darum, die – ob- jektiv betrachtet – beste Lösung für ein Problem zu nden, sondern darum, dabei auf die indivi- duelle Persönlichkeit der Kunden einzugehen. Er- freulicherweise „weiß“dies auch die KI. Auf die Frage: „Wird KI pro- fessionelle Finanzberatung in absehbarer Zeit ersetzen können?“ antwor- tet sie: „Es ist durchaus möglich, dass KI in Zukunft eine größere Rolle bei der Finanzberatung spielen wird, aber es ist unwahrscheinlich, dass sie diese vollständig ersetzen wird. …KI-Systeme sind nur so gut wie die Daten, auf denen sie basieren. Wenn es fehlerhafte Daten oder fehlende Daten gibt, kann dies zu ungenauen Empfehlungen führen. Zum ande- ren gibt es auch menschliche Aspekte der Finanzberatung, die KI nicht ersetzen kann, wie z.B. die Fähigkeit, auf die individuellen Bedürfnisse und Ziele des Kunden einzugehen und komplexe nanzielle Konzepte verständlich zu erklären.“ Wir bedanken uns bei allen Besuchern des diesjährigen FONDS professionell KONGRESSES für ihr Kommen. FP Gerhard Führing Mamdouh El-Morsi Gerhard Führing, Mamdouh El-Morsi Können ChatGPT und Co. Finanzberatung? „KI-Systeme sind nur so gut wie die Daten, auf denen sie basieren. Fehlerhafte oder fehlende Daten können zu ungenauen Emp- fehlungen führen.“ ChatGPT MEINUNG Brief der Herausgeber 4 fondsprofessionell.at 1/2023 FOTO: © MARLENE FRÖHLICH | LUXUNDLUMEN

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=