FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2023

Aus dem Verkehr gezogen Die Boutique H2O fuhr einst eine sagenhafte Performance ein. Doch nun ist ein Milliardenbetrag eingefroren. Der Gründer wurde mit einem Berufsverbot belegt. Der Fall landet bei der Justiz. A ufstieg und Fall des Investmenthauses H2O bergen sämtliche Zutaten einer griechischen Tragödie. Noch vor wenigen Jahren huldigte die Finanzbranche Bouti- quengründer Bruno Crastes als Starmana- ger. Seine Kunden feierten ihn für exorbi- tante Renditen. Doch heute ist der einst umjubelte Star mit einem Bann belegt. Crastes und sein Haus kassierten eine Rekordbuße. Einst glückliche Kunden zie- hen nun, frustriert ob ihres eingefrorenen Vermögens, vor Gericht. Das Schauspiel, wie es wohl kein antiker Dramaturg besser hätte inszenieren kön- nen, nahm im Sommer 2019 seinen Lauf. Ein Artikel der „Financial Times“ enthüllte ein massives Engagement einiger H2O- Fonds in teilweise illiquiden Wertpapieren, die dem Umfeld des deutschen Financiers Lars Windhorst zuzurechnen sind. Wind- horst erwarb sich in den 1990er-Jahren als Jungunternehmer den Ruf des „Wunder- kindes“. Doch später geriet seine Firma in Schie age.Windhorst musste Insolvenz an- melden und stand vor Gericht. Die Invest- ments der H2O-Fonds in Unternehmen, die zu Windhorsts heutiger Tennor Hol- ding zählen, waren für Anleger o enbar überraschend. Sie zogen Milliardenbeträge ab. H2O kündigte in der Folge den Ver- kauf der Windhorst-Papiere an. Mehr als ein Jahr nach Beginn des Dra- mas folgte der nächste Akt: Die französi- 2019 Juni 2019: Ein Beitrag im „Alpha- ville“-Blog der „Financial Times“ beleuchtet die Investments von H2O in Wertpapiere, die dem Umfeld des Financiers Lars Windhorst zuzurech- nen sind. Anleger ziehen acht Milliar- den Euro aus den Fonds ab. Der H2O- Gründer Bruno Crastes verteidigt die Investments und betont: „Wir werden niemals unsere Fonds einfrieren.“ 2020 März 2020: Der Kursverfall im Zuge der Corona-Pandemie trifft die H2O-Fonds schwer. Bruno Crastes entschuldigt sich in einer Mitteilung an die Kunden für die aufgetürmten Verluste. Mai 2020: Windhorst will den H2O-Fonds die Wertpapiere wieder abkaufen – mit Abschlägen. Dafür gründete er „mit Unterstützung deutscher Investoren“ die Zweck- gesellschaft „Evergreen“. Juli 2020: Der geplante Rückkauf der Wertpapiere weckt das Miss- trauen der Behörden. Die britische Finanzaufsicht FCA führe „eine Diskussion“ mit H2O. Zudem stehe die Behörde im Austausch mit anderen europäischen Aufsehern. August 2020: Die französische Finanzaufsicht AMF schließt zeitweise drei Fonds von H2O. Darüber hinaus friert die Boutique von sich aus wei- tere Fonds ein. Die Aussetzung soll vier Wochen dauern. Während der Sperre sollen die illiquiden Papiere in „Seitentaschen“ aussortiert werden. Oktober 2020: Nach der Aufteilung öffnet H2O die liquiden Portfolios. Die „Seitentaschen“ bleiben geschlossen und sollen Schritt für Schritt liquidiert werden. Das H2O-Windhorst-Drama im Zeitverlauf | Teil 1 Die französische Finanzaufsicht AMF zog H2O-Mitgründer Bruno Crastes aus dem Verkehr: Wegen des Um- gangs mit Windhorst-Investments darf er für fünf Jahre keine Fonds lenken. Crastes wehrt sich dagegen. VERTRIEB & PRAXIS H2O Asset Management 194 fondsprofessionell.at 1/2023 FOTO: © BENJAMINNOLTE | STOCK.ADOBE.COM

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