FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2022

gen konnte. Die Beklagte stellte den Kredit in Schweizer Franken zur Verfügung. Der Kläger erhielt jedoch nie Geld in der Fremdwährung ausbezahlt. Alles in allem ein typischer Sachverhalt. Der Kläger ver- suchte damit das Gericht davon zu über- zeugen, dass er am Laufzeitende nur die in Euro ausbezahlte Kreditsumme von 50.000 Euro abzüglich bereits bezahlter Raten zurückzahlen muss. Der Währungsverlust soll bei der Bank bleiben. Anfangs blieb auch dieser Versuch ohne Erfolg. Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab.Die Vertragsklauseln der Beklagten wür- den klar regeln, dass der Kreditnehmer den Kredit in jener Währung rückführen müs- se, in der er den Kredit ausgenützt habe. Dass der Umrechnungskurs im Vertrag nicht geregelt werde, schade nicht. Der OGH als letzte Instanz kam jedoch zu einem anderen Ergebnis. Er hob die Ent- scheidungen der Vorinstanzen auf und ver- wies die Angelegenheit an das Erstgericht zurück mit dem Auftrag, ein weiteres Be- weisverfahren durchzuführen.Hintergrund für diese überraschende Entscheidung des OGH war, dass das Höchstgericht die Ver- wendung der Klausel, wonach der Kredit in der Währung der Kreditausnützung zurückzuführen ist, in der Zwischenzeit in einem vom Verein für Konsumenteninfor- mation (VKI) eingeleiteten Verfahren als intransparent untersagt hatte. Wenn die Bank die Kreditsumme nicht in der Fremdwährung, sondern in Euro auszahlt, sei nämlich nicht klar, dass eine zumindest als Verrechnungswährung dienende Fremd- währung die „ausgenützte Währung“ im Sinne des Vertragstexts sein soll.Da der Ver- trag keinen Umrechnungsmodus festlege, könne der Kläger die Höhe des nur in Euro bezifferten Kreditobligos in Schwei- zer Franken, also in der Schuldwährung, nicht ermitteln. Daraus folge, so der OGH, dass die Rückzahlungssumme als Haupt- leistungspflicht des Kreditnehmers nicht ausreichend konkretisiert sei. Das Zwi- schenergebnis des OGH lautete demnach, dass nach dem bisherigen Verfahrensstand wegen der Verletzung des Bestimmtheits- gebots kein Kreditvertrag zwischen Kläger und Beklagter zustande gekommen sei. Sollte es auch nach der aufgetragenen Ver- fahrensergänzung durch das Erstgericht bei diesem Ergebnis bleiben, so würde dies be- deuten, dass die wechselseitig erbrachten Leistungen rückabzuwickeln wären. Der Kreditnehmer hätte den erhaltenen Euro- Betrag abzüglich der bereits erbrachten Tilgungen zurückzuzahlen. Mangels Ver- trags hätten beide Seiten keinen Anspruch darauf, dass die im Vertrag festgehaltenen Zinsen bezahlt werden. Vielmehr wären die gesetzlichen Vergütungszinsen von vier Prozent per annum heranzuziehen. Wirt- schaftlich würde dieses Zwischenergebnis bedeuten, dass der Kreditnehmer zwar nicht für die Währungsverluste zu haften hätte, er jedoch stattdessen höhere Vergü- tungszinsen zu zahlen hätte. Das Verfahren ist allerdings noch nicht rechtskräftig abge- schlossen. Das Erstgericht muss im weite- ren Verfahren vielmehr noch Feststellun- gen zum tatsächlichen Willen der Parteien betreffend den vereinbarten Umrechnungs- mechanismus treffen. Erneute Trendumkehr Der dadurch entstandene Aufruhr bei Anlegervertretern und in Bankenkreisen hielt allerdings nicht lange an. In Parallel- verfahren, in denen im Mai dieses Jahres die Entscheidungen des OGH ergingen, zeigte sich nämlich, dass die zumKreditver- trag hinzutretenden Begleitumstände zu- meist zu einem anderen rechtlichen Ergeb- nis führen. So war für den OGH in seiner Entscheidung vom Mai dieses Jahres der Umstand relevant, dass der Kreditnehmer im vorliegenden Fall 18 Jahre lang regel- mäßig Kontoauszüge und Abrechnungen erhalten habe. Diese seien nie beanstandet worden. Das Vorbringen in der Klage, wo- nach der Vertrag mangels Bestimmbarkeit des Wechselkurses nichtig sei, sei damit rechtsmissbräuchlich. Das Verhalten des Kreditnehmers könne nur als Zustim- mung zur ausgewiesenen Kreditsumme in CHF angesehen werden, weshalb er für die eingetretenen Währungsverluste zu haften habe. In weiteren kürzlich ergangenen Ent- scheidungen unterstrich das Höchstgericht dieses Ergebnis. So sei bei der Beurteilung, ob eine Verletzung des Bestimmtheitsge- bots vorliegt und deshalb ein Kreditvertrag nicht zustande kam, der Parteiwille zu berücksichtigen. Dafür seien nicht nur die Umstände und die geführten Gespräche im Abschlusszeitpunkt, sondern auch das spätere Verhalten der Vertragsparteien rele- vant. Im konkreten Fall habe das Verhalten des Kreditnehmers einen eindeutigen Willen in Richtung eines Kreditvertrags in Schweizer Franken erkennen lassen. Der OGH machte dies daran fest, dass dem Kläger die Kreditsumme in der Fremd- währung und der Kurs, zu dem der Geld- wechsel erfolgt sei, schon im ersten Konto- auszug offengelegt worden sei und er dies nicht beanstandet habe. Fazit Ob ein Fremdwährungskreditvertrag wirksam zustande kam, ergibt sich aus dem gesamten Erklärungsverhalten der Vertragsparteien. Der Kreditnehmer kann sich etwa dann nicht auf Dissens berufen, wenn er regelmäßig Kontoauszüge erhält oder zumindest nachträglich auf den her- angezogenen Umrechnungskurs hingewie- sen wird. Das Fehlen oder die mögliche Intransparenz des Umrechnungsmechanis- mus im Kreditvertrag allein kann daran nichts ändern. Die Entscheidungen könn- ten jedoch insoweit etwas Gutes haben, als die Sinne der Vertragsgestalter damit noch einmal geschärft worden sein dürften. FP Der Autor: Christian Lenz ist Associated Partner bei BRANDL TALOS Rechtsanwälte und auf Prozessführung, Bank-, Versicherungs- und Wertpapieraufsichtsrecht sowie Immobilienrecht spezialisiert. fondsprofessionell.at 4/2022 269 FOTO: © UWE STRASSER | BRANDL TALOS

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