FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2022

Im Juli und August zeigten die Zah- len der Nationalbank einen deut- lichen Einbruch in der Kreditnach- frage im Vergleich zum Vorjahr. Worauf ist dieser Einbruch Ihrer Meinung nach zurückzuführen? Das hat aus meiner Sicht unter- schiedliche Gründe. Ich glaube, dass sich viele Kunden mit ihrer Ent- scheidung einfach länger Zeit gelas- sen haben. Angesichts der steigen- den Zinsen war es für viele nicht ganz einfach, die Art der Finanzie- rung rasch festzulegen. Im Septem- ber und Oktober gab es dann aus meiner Sicht aber eine deutliche Trendumkehr, und die Kreditnach- frage ist wieder deutlich gestiegen. Wie nehmen Sie den Immobilienmarkt aktuell wahr – gibt es bereits eine Trend- umkehr bei den Preisen? Die Nachfrage ist mit Sicherheit immer noch gegeben. Ganz aktuelle Zahlen für die Preisentwicklungen am Gesamtmarkt gibt es derzeit noch nicht. Wir nehmen allerdings wahr, dass die Preise bei gewissen Immobilien, die schon seit einigen Mona- ten auf dem Markt sind, nun tendenziell zurückgehen. Das Feedback von vielen Finanzdienstleistern ist, dass dieser unge- brochene Run auf Immobilien nicht mehr existiert. Es wird also nicht mehr alles zu jedem Preis gekauft. Seit zwei Jahren haben Sie auch eine Finanzierungs- und Beratungs-App, über die Berater Immobilienkredite abwickeln können, im Angebot. Wie hat sich das Geschäft über die App entwickelt? Bereits 95 Prozent der Kredite werden bei uns über die App abgewickelt. Darüber hinaus wird diese laufend weiterentwickelt, im November wurden zwei zusätzliche Tools integriert.Mit diesen sind wir nun in der Lage, mehrere Kreditnehmer und Simultanhypotheken abzubilden, dadurch können wir fast 100 Prozent der Hypo- thekarkredite über die App abwickeln. Der große Vorteil der App liegt darin, dass Beraterinnen und Berater sehr strukturiert alle erforderlichen Unterlagen sammeln können und auch ohne direkte Rückspra- che mit der Bank rasch ein Feedback be- kommen, ob eine Finanzierung möglich ist oder nicht. Das langfristige Ziel ist, die Finanzierung vollständig digital abzu- wickeln: Mittels Smart Document Reader werden die Daten aus den hochgeladenen Unterlagen dann ausgewertet und über Schnittstellen bei der Bank weiterverarbei- tet. Unser Ziel ist, dem Kunden dann nach Vertragsunterzeichnung das Geld inner- halb von fünf Werktagen zu Verfügung stellen zu können. Damit hätten die Ver- mittler dann einen deutlichen Wettbe- werbsvorteil. Künftig wollen wir zudem die Bau- und Wohnfinanzierung auch für Selbstständige und KMU anbieten. Die Bonitätsprüfung ist zwar etwas komplexer, das Ziel ist aber auch hier, die Finanzie- rung für eine selbst genutzte Immobilie in der gleichen Geschwindigkeit zur Verfü- gung zu stellen. Gibt es andere Bereiche, die Wachstums- potenzial für Ihr Geschäftsmodell bergen? Die Konsumfinanzierung ist für uns in Zukunft sicher auch ein Thema.Hier wird gerade an einer digitalen Abwicklungs- strecke gearbeitet, die dann auch von un- seren Vertriebspartnern genutzt werden kann. Ein wichtiges Thema könnte im aktuellen Umfeld aber auch das Sanie- rungsdarlehen werden. Die Wohnraum- sanierung mit Schwerpunkt auf Heizsys- temen und Dämmung der Fassade wird angesichts der Energiepreise sicher an Bedeutung gewinnen. In diesem Bereich könnten Vermittler gegenüber den Kunden in Zukunft sicher auch punkten, wenn sie Know-how im Bereich der Förderungen aufbauen … Natürlich, dann macht es für die Kunden erst Recht Sinn, einen Finanzierungsprofi aufzusuchen. Das Förderwesen stellt sich ja von Bundesland zu Bundesland ganz unterschiedlich dar. Das Thema wird für die Kunden der Finanzdienstleister künftig sicher eine wichtige Rolle spielen. Für die Berater bietet sich aber auch die Möglich- keit, darüber eine neue Kundenklientel anzusprechen. Danke für das Gespräch. GEORG PANKL FP » Das Feedback von vielen Finanzdienstleis- tern ist allerdings, dass dieser ungebrochene Run auf Immobilien nicht mehr existiert. « Siegfried Prietl, BAF FOTO: © MARLENE FRÖHLICH | LUXUNDLUMEN fondsprofessionell.at 4/2022 205

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