FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2022

los: Seit 2. August sind Vermittler, die über Kapitalanlageprodukte wie Fondspolizzen beraten, dazu verpflichtet, die ESG-Präfe- renzen ihrer Klientel zu erheben. Mit der neuen Abfrage hat das Thema Nachhal- tigkeit für die Versicherer noch weiter an Bedeutung gewonnen. Schließlich benöti- gen Vermittler eine möglichst breite Aus- wahl an ESG-Fonds, die sie Kunden für ihre Polizzen anbieten können. Nur so können sie den angegebenen Nachhaltig- keitspräferenzen auch gerecht werden. In der Praxis ergeben sich hier allerdings noch etliche Schwierigkeiten, und auch sonst sind viele Marktteilnehmer nicht gerade glücklich mit den neuen Vorgaben. „Auf- grund teils unklarer beziehungsweise unvollständiger regulatorischer Vorgaben nehmen wir in der gesamten Finanzbran- che eine hohe Verunsicherung bei der Quantifizierung der ESG-Konformität von Fonds wahr, was sich in einer sehr zurück- haltenden Meldung von ESG-Daten nie- derschlägt. Eine effektive Entscheidungshil- fe stellen die aktuellen ESG-Daten weder für den Endverbraucher noch für den Berater dar.Wir gehen aber davon aus, dass sich die Datenqualität ab 1.1.2023 sukzes- sive verbessern wird“, beschreibt Menghin die aktuelle Situation. Ins gleiche Horn stößt Christian Nuschele, Head of Distri- bution bei Standard Life: „Wir haben den Start der neuen Vorgaben recht holprig wahrgenommen. Die regulatorischen Vor- gaben sind äußerst komplex.“ IT-Unterstützung Trotzdem geben die Anbieter unisono an, dass sie sich mittlerweile auf die für Fondspolizzenvermittler verpflichtende Ab- frage der Nachhaltigkeitspräferenzen ihrer Kunden eingestellt haben. Unterstützend für die Vermittler bieten viele Versicherun- gen dabei IT-Lösungen an, denn die große Herausforderung besteht darin, die abge- fragten Kundenpräferenzen mit den ent- sprechenden Produkten und Investments in Einklang zu bringen. Bei der Merkur Versicherung setzt man auf einen ESG- Fondsfilter. Mit diesem Tool kann eine Se- lektion nach ESG-Kriterien vorgenommen werden, was die Auswahl nach individuel- len Nachhaltigkeitspräferenzen erleichtern soll. Bei der Wiener Städtischen hält man für die Vertriebspartner mit „FIT“ seit die- sem Jahr einen eigenen Robo-Advisor bereit, der die Vermittler als digitaler Bera- tungsassistent unterstützt. „Die moderne Beratungsstrecke mit integrierter Empfeh- lungslogik unterstützt bei der Produkt- und Fondsauswahl. Passend zum Anleger- typ und basierend auf den Anleger- und Nachhaltigkeitspräferenzen kann hier spielerisch ein passendes Portfolio erstellt werden“, erklärt Vorstandsdirektorin Sonja Steßl. Bei der Konzernschwester, der Donau Versicherung, wird neben laufen- den Weiterbildungsmaßnahmen den Ver- mittlern Unterstützung mit dem Tool „Kompetent“, ebenfalls ein Robo-Advisor, angeboten. Dieser hilft bei der Produkt- und Fondswahl und versorgt die Vermittler unter anderem mit tagesaktuellen Perfor- mancewerten und Fondsdaten und unter- stützt zusätzlich bei den Nachhaltigkeits- präferenzen. Die Zürich Versicherung hat gleich eine komplett neue Beratungsstrecke in das Frontend implementiert. „Dabei kommen interaktive Prozesse zum Einsatz, die ent- weder vollautomatisiert Nachhaltigkeits- präferenz und Investment zusammenbrin- gen können oder den manuellen Fonds- auswahlprozess überwachen und unterstüt- zen. Diesen Support werden wir in den nächsten Wochen auch unseren Makler- partnern zur Verfügung stellen“, so Marga Derstroff, Head of Life bei der Zürich. Insgesamt zeigt sich, dass das Nachhaltig- keitsthema im Fondspolizzengeschäft wei- ter an Bedeutung gewinnen wird. Kein Anbieter kann es sich mittlerweile leisten, nicht ein breites Spektrum an ESG-Fonds zur Auswahl bereitzuhalten. Bei der Wiener Städtischen wird etwa bereits jeder zweite neu veranlagte Euro in nachhaltige Investmentfonds investiert. Etliche der befragten Gesellschaften, etwa die Allianz Versicherung, haben zudem vor, das Fonds- angebot in diesem Bereich weiter ausbauen zu wollen. GEORG PANKL Eine Übersicht über die am Markt befindlichen Fondspolizzen finden Sie auf den nächsten Seiten. FP Rita Reinbacher, Allianz: „Das Angebot an nachhaltigen Fonds wird in den nächsten Monaten und Jahren weiter ausgebaut werden.“ Sonja Steßl, Wiener Städtische: „Jeder zweite neu veranlagte Euro wird bei uns bereits in nachhaltige Investmentfonds investiert.“  fondsprofessionell.at 4/2022 179 FOTO: © ALLIANZ, MARLENE FRÖHLICH

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