FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2022

Mascherl haben. Diese Fehleinstufung hängt in erster Linie mit fehlender bezie- hungsweise falscher Datenanlieferung zu- sammen. Hier sind die Fondsanbieter ge- fordert, die notwendigen Daten zu liefern.“ In der Praxis bedeutet dies, dass es auf- grund der nicht verfügbaren Daten aktuell noch nicht genügend Produkte gibt, um alle „Nachhaltigkeitswünsche“der Kunden aus den regulatorisch vorgegebenen Fragen im Anlegerprofil zu berücksichtigen. Die Banken gehen allerdings davon aus, dass sich diese Situation bis Ende des Jahres beziehungsweise bis Anfang 2023 verbes- sern wird. GEORG PANKL FP Nachhaltigkeits-Umfrage unter Private-Banking-Anbietern FRAGE: Seit 2. August müssen Sie bei der Beratung zu Anlageproduk- ten die Nachhaltigkeitspräfe- renzen Ihrer Kunden erheben und diese in Ihren Produktemp- fehlungen berücksichtigen. Wie haben Sie den Start der neuen Vorgaben wahrgenommen? Wie setzen Sie die neuen Vor- gaben in der Praxis um, und mit welchen Schwierigkeiten haben Sie dabei zu kämpfen? Wie ist die Datenlage, und wie stellt sich die Zusammenarbeit mit den Asset Managern dar? Liegen Ihnen für alle Fonds die Angaben vor, die Sie benötigen, um einen Abgleich mit den Nachhaltigkeitspräferenzen der Kunden vorzunehmen? Gibt es aus Ihrer Sicht derzeit überhaupt genügend Produkte, um die Wünsche der Kunden erfüllen zu können? Dr. Nils Kottke, Mitglied des Vor- stands (Ressort Privatvermögen), Spängler 1. Für ein abschließendes Fazit ist der Zeitraum seit 2. August noch viel zu kurz. Aktuell ist das Bild sehr heterogen. So haben wir Kunden die die Abfrage von Nach- haltigkeitspräferenzen durchaus begrüßen.Wir beobachten aber auch, dass nicht wenige der regulatorisch aufoktroyierten Nachhaltigkeit eher reserviert gegenüberstehen. Für viele ist die Regulierung zu komplex und unübersichtlich. Auch die sehr präsente „Greenwashing- Diskussion“ hat das Vertrauen in dieses Thema nicht gefördert. 2. Die Schwierigkeiten liegen ganz klar in der komplexen und nicht aufeinander abgestimmten Regu- lierung. Die Kunden müssen schon jetzt Fragen im Anlegerprofil beantworten, ohne tatsächlich abschätzen zu können, welche Auswirkungen die Antworten auf das verfügbare Anlageuniversum in der Zukunft haben werden. Denn aus regulatorischem Blickwinkel müssen die Produkthersteller die Nachhaltigkeitspräferenzen erst ab Ende November 2022 bei der Pro- duktkonzeption berücksichtigen. 3. Selbst Ende November 2022 werden viele der notwendigen Daten noch nicht verfügbar sein. Dies ist darauf zurückzuführen, dass Unternehmen diese Daten erst im Lauf des Jahres 2023 veröffentli- chen müssen. Die Zusammenarbeit mit den Produktherstellern ist sehr konstruktiv. Allerdings stehen alle vor denselben Herausforderungen. Keinem Anbieter liegen schon jetzt alle Daten vor, die erforderlich sind, um einen Abgleich mit den Nachhaltigkeitspräferenzen der Kunden vorzunehmen. 4. Aufgrund der nicht verfügbaren Daten kann es aktuell noch nicht genügend Produkte geben, um alle „Nachhaltigkeitswünsche“ der Kunden aus den regulatorisch vor- gegebenen Fragen im Anlegerpro- fil zu berücksichtigen. Ob dies zu- künftig der Fall sein wird, ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch schwer abzuschätzen. In 12 Mona- ten – wenn die Daten der Produkt- hersteller und Unternehmen und die „Nachhaltigkeitswünsche“ der Kunden verfügbar sind – werden wir hierzu ein klareres Bild haben. Dr. Wolfgang Fusek, Wertpapierge- schäft Steiermär- kische Sparkasse 1. Der Start erfolgte dank längerer und genauer Vorbereitung reibungslos, und dank digitaler Hilfsmittel wird der Kundenbetreuer im Beratungsgespräch sehr effi- zient unterstützt. Die Kundenbe- treuer wurden ausführlich geschult, die gesetzlichen Vorschriften und deren Umgang genau erläutert. Die Empfehlungsliste wurde möglichst einfach und transparent gestaltet und der Beratungsprozess mit den Nachhaltigkeitsthemen punktgenau erweitert. 2. Die größten Schwierigkeiten zeigten sich in der rechtzeitigen Beschaffung aller notwendigen Produktdaten. Im Bereich der Taxo- nomie ist das Produktangebot noch sehr überschaubar. Die zweite Herausforderung war, das regulato- risch durchaus komplex geregelte Thema strukturell und didaktisch imVorfeld so aufzuarbeiten, dass der Kundenbetreuer dem Kunden möglichst einfach und motivierend das Thema Nachhaltigkeit inner- halb der regulatorischen Vorgaben näherbringen kann. 3. Aufgrund längerer regulatori- scher Fristen (erst ab 2023) für die Meldung nachhaltiger Informatio- nen für Unternehmen war die größte Herausforderung, die erfor- derlichen Daten rechtzeitig zum Start am 2. 8. zur Verfügung zu haben. Es zeigte sich, dass dies aufgrund des großen Einsatzes aller Marktteilnehmer sehr gut gelungen ist. Die Datenlage wird sich im Lauf der nächsten Monate noch weiter verbessern und das Angebot kontinuierlich erweitert. 4. Ja, auf alle Fälle. In gewissen Bereichen wie der Taxonomie gibt es sicherlich noch Defizite, aber das eigentliche gemeinsame Grundbedürfnis unserer Zivilisation und das Ziel des einzelnen Kunden, nämlich in Produkte zu investieren, die Vorreiter im Bereich Umwelt, Unternehmens- führung und Soziales sind und bereits heute geforderte Kriterien bestmöglich erfüllen, kann mit der Angebotspalette seit 2. 8. mehr als ausreichend erfüllt werden. Marion Morales Albiñana-Ros- ner, Vorständin Wealth Manage- ment & Private Banking, Unicredit Bank Austria 1. Das Thema ist bei unseren Kun- den omnipräsent, und das Interesse wächst. Wir haben bis jetzt die Erfahrung gemacht, dass die Fülle an Nachhaltigkeitskriterien für viele unserer Kunden durchaus eine Herausforderung ist und hier weiterhin hoher Informations- und Aufklärungsbedarf besteht. In der Tiefe beziehungsweise über die Standardkenntnisse hinaus bedarf es weiterhin intensiver Aufklärung im Zuge der umfassenden Beratungsgespräche sowie bei der Erneuerung der Anlegerprofile. 2. Nach den neuen Vorgaben können die Kunden ihre ESG-Prä- ferenzen bekannt geben. Der ESG- Beratungsprozess in der Unicredit Bank Austria wird durch eine umfangreiche Produktdatenbank unterstützt. Diese arbeitet mit Algorithmen und schlägt mithilfe von Berechnungen individuell auf die Bedürfnisse unserer Kund:innen zugeschnittene Pro- dukte und Investmentlösungen vor. Auch die strengen ESG-Krite- rien der Unicredit kommen dabei transparent zur Anwendung. 3. Wir pflegen über Jahre eine sehr gute Zusammenarbeit mit unseren Preferred-Fonds-Partnern und arbeiten auch in dieser so wichtigen Frage der ESG/CO 2 - Transformation eng zusammen. Wir als Unicredit Bank Austria stützen unsere Produktanalysen auf mehrere fundierte Daten- provider, und aus der Vielzahl der Datenprovider formulieren wir schließlich eine finale ESG-Datenklassifikation. 4. Die Unicredit emittiert eigene Produkte und schöpft aus dem breiten Produktuniversum unserer Preferred Partners. Unsere stren- gen und öffentlich einsehbaren Selektionskriterien bringen wir gleichermaßen zur Anwendung. Die Lenkung der Kapitalströme in Richtung nachhaltiger Investments braucht natürlich auch eine gewis- se Zeit. Mit der bestehenden enor- men Transformationsgeschwindig- keit wird die Menge an Produkten sehr rasch steigen und auch breit zur Verfügung stehen. BANK & FONDS Private-Banking-Umfrage | Nachhaltigkeit 260 fondsprofessionell.at 3/2022 FOTO: © BANKHAUS SPÄNGLER, MARGIT KUNDIGRABER | STEIERMÄRKISCHE SPARKASSE, UNICREDIT BANK AUSTRIA

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