FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2022

aber auch diese Bestimmungen nicht. Allerdings stellen sie klar, dass etwa das Berücksichtigen der wichtigsten negativen Auswirkungen von Investitionsentschei- dungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren rele- vant ist. Weiters beinhalten sie eine Liste von bestimmten Instrumenten, die jeden- falls nicht als Förderung der ökologischen oder sozialen Merkmale angesehen wer- den. Erfreulich ist die Klarstellung, dass ein Produkt weiterhin als nachhaltig eingestuft werden kann, auch wenn damit zum Teil nicht nachhaltige Investitionen getätigt werden, solange diese Investitionen nur nach sektorspezifischen Vorschriften er- forderlich sind. Neben den bevorstehenden Beratungs- pflichten trifft Anlageberater die Pflicht, bestimmte Informationen auf ihrer Web- präsenz zu veröffentlichen. In dieser Erklä- rung müssen die Berater einerseits das Verfahren für die Auswahl von Finanzpro- dukten, zu denen sie beraten, erläutern. Andererseits ist die Frage zu beantworten, wie sie die von den Finanzmarktteilneh- mern (wie etwa AIFM und OGAW-Verwal- tungsgesellschaften) veröffentlichten Infor- mationen nutzen. Unbeantwortete Fragen Die Vorlagen für die Offenlegung von Finanzprodukten nach Artikel 8 und Arti- kel 9 SFDR geben schon einige Anhalts- punkte für Finanzunternehmen und Anla- geberater, welche Details bei der Unter- suchung von Finanzprodukten bezüglich diverser Nachhaltigkeitskriterien beachtet werden müssen, um eine entsprechende Klassifizierung als nachhaltiges Finanzin- strument vornehmen zu können. Offen bleibt dennoch die Frage, wann eine Inves- tition – auf die individuellen Nachhaltig- keitspräferenzen des Kunden abgestimmt – tatsächlich als nachhaltig angesehen werden kann. Die RTS werden derzeit vom Euro- päischen Parlament und vom Rat geprüft. Da noch nicht einmal das Gesetz final abgestimmt ist, ist derzeit freilich noch offen, wie die Rechtsprechung mit dem Thema in Zukunft umgehen wird. Unge- achtet dessen haben sich in Deutschland bereits die ersten Gerichte damit beschäf- tigt, wobei die Entscheidungen aufzeigen, wohin die Reise gehen wird. Vorsicht bei Anpreisung Das Landesgericht Stuttgart musste sich in einer jüngeren Entscheidung vom 31.1. 2022 (36 O 92/21 KfH) mit der Irrefüh- rungsgefahr im Bereich umweltbezogener Werbung auseinandersetzen. Beklagte Par- tei in der gegenständlichen Rechtssache war eine Gesellschaft, die AIF auflegt und vertreibt. Auf ihrer Website bewarb sie unter anderem einen AIF, der in konkrete Projekte investierte. Über konkrete Öko- strommengen sollte dabei das Ausmaß des vermiedenen CO 2 -Abdrucks nachvollzieh- bar sein.Daraus ergab sich eine Zielsetzung von mindestens 3,5 Tonnen CO 2 -Vermei- dung pro 10.000 Euro Anlagesumme pro Jahr. Auf der Website der Beklagten konnte der Nutzer seinen persönlichen „CO 2 -Fuß- abdruck“ ermitteln. Diesem Wert wurde dann ein durch das beworbene Investment avisierter „CO 2 -Ausgleich“ gegenüberge- stellt (genaue Angabe in Tonnen CO 2 , ab- hängig vom Investitionsvolumen). Das LG Stuttgart sah darin eine unlau- tere und irreführende Werbung. Nach der Rechtsprechung des BGH sind an die Zulässigkeit der Werbung mit Umwelt- schutzbegriffen besondere Anforderungen zu stellen. Sie ist nach strengen Maßstäben zu beurteilen. Speziell aufgrund der weiter- hin bestehenden Unklarheiten über die Bedeutung und den Inhalt von Begriffen wie „umweltfreundlich“ oder „umwelt- schonend“ sei die Gefahr der Irreführung besonders groß. Nach diesen Grundsätzen ist die Angabe einer absoluten CO 2 -Reduktion von 3,5 Tonnen eine zur Täuschung geeignete An- gabe, da die angesprochenen Verkehrskreise solche Angaben als fixe Werte begreifen, die jedenfalls nicht unterschritten werden. Im Verfahren kam allerdings heraus, dass es sich dabei lediglich um Zielwerte handelte, die auch erheblich unterschritten werden können – was allerdings für den durch- schnittlichen Investor nicht erkennbar war. Der Hinweise auf eine mögliche erheb- liche Unterschreitung fand sich lediglich in einem separaten Dokument unter dem Link „Hinweise zur Berechnung“. Diese irreführende Angabe war nach Ansicht des Gerichts auch zur Täuschung geeignet. Denn bei der avisierten CO 2 -Vermeidung handle es sich um ein wesentliches Merk- mal der beworbenen Geldanlage, das neben der in Aussicht gestellten Rendite das Hauptanlageargument darstellte. Das Gericht verurteilte somit die Beklagte, gegenüber Verbrauchern das Produkt nicht in der Weise zu werben, dass sie einen von der Investitionssumme abhängigen CO 2 - Ausgleich berechnen können. Fazit Der Begriff der grünen Anleihen ist im Finanzwesen trotz dichter Regulierungen weiterhin unklar. Ob weitere Konkretisie- rungen zu den Bewertungskriterien nach- haltiger Finanzinstrumente vor August in Erscheinung treten, wird sich noch zeigen. Die neuen Beratungspflichten sollen vor- aussichtlich am 2. August 2022 in Kraft treten, allerdings wäre durchaus noch ein Verschieben des Termins denkbar. Die Autoren: Dr. Raphael Toman LL.M. (NYU) ist assoziierter Partner, Hannah Zenaty wissenschaftliche Mitarbeiterin in der auf Finanzmarktrecht spezialisierten Kanzlei BRANDL TALOS Rechtsanwälte GmbH. FP Dr. Raphael Toman, BRANDL TALOS Rechtsanwälte Hannah Zenaty BRANDL TALOS Rechtsanwälte STEUER & RECHT EU-Offenlegungsverordnung 250 fondsprofessionell.at 2/2022 FOTO: © UWE STRASSER (2)

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