FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2022

Risse in der Schutzmauer Es ist ein gängiger Irrglaube, dass Immobilien kraft ihres Wesens vor Inflationsverlusten schützen. Damit das zutrifft, müssen einige Faktoren zutreffen, die immer im Einzelfall zu beurteilen sind. E s ist scheinbar egal, was passiert, Im- mobilien stehen hoch im Kurs.Galten in den vergangenen Jahren insbesondere die Nullzinsen als zündendes Verkaufsargu- ment, ist es nun die Inflation. „Wer langfris- tig in Sachwerte investieren will, liegt mit Wohnimmobilien auch in einer Inflations- phase richtig“, wirbt ein Invest- mentanbieter auf seiner Inter- netseite. KeinWunder, bei einer Inflationsrate von 7,2 Prozent im April sorgen sich die Men- schen um ihr Erspartes. Der norwegische Asset Ma- nager Skagen plädiert ebenfalls für Immobilienanlagen: „Stei- gende Preise können über die Mieten weitergegeben werden, wodurch Immobilienanlagen eine wichtige Rolle in Portfo- liostrategien spielen.“ Tatsächlich lag der Anstieg der Mieten laut Statistik Austria zwischen 2017 und 2021 leicht über der allgemeinen Inflationsrate. Wäh- rend die Verbraucherpreise in diesem Zeit- raum um 8,2 Prozent zulegten, verteuerte sich die Nettomiete um durchschnittlich 9,2 Prozent.Dabei gibt es erhebliche Unter- schiede abhängig von der Region und der Mietdauer zwischen Gemeinde-, Genossen- schafts- und privaten Wohnungen. Fraglich ist, ob die weit verbreitete Annahme, dass eine Immobilie vor Inflationseinbußen und mithin vor Vermögensverlust schützt, Allgemeingültigkeit hat. „Ich würde nicht generell von einem Inflationsschutz spre- chen. Man muss das Thema differenziert und durchaus kritisch betrachten“, meint Peter Karl, Geschäftsführer der Erste Im- mobilien KAG. Zur Beurteilung müssen die Faktoren getrennt werden. Zu unter- scheiden sind selbst genutzte und vermie- tete, neue oder gebrauchte Wohn- bezie- hungsweise Gewerbeimmobi- lien. Mitunter kommt es auch auf den Kaufzeitpunkt und die Finanzierung an. Keine Schutzgarantie Der Geldwertverlust kann auf zwei Arten durch die Im- mobilie ausgeglichen werden. Einerseits trägt die langfristige Wertsteigerung, die jeder Im- mobilie unterstellt wird, zum Vermögenserhalt bei. Das hat aber nichts mit der Entwick- lung der Verbraucherpreise zu tun, weil sich der Immobilien- wert insbesondere von der Ent- Immobilien werden als unverwüst- liches Betongold verkauft. Das ist trügerisch, denn der Inflationsschutz ist auch bei Immobilien keinesfalls in Stein gemeißelt. Bau- und Verbraucherpreise Das Bauen und das Leben werden schon lange ständig teurer. Die jüngsten Steigerungsraten sind jedoch besonders hoch. Jahresdurchschnitt2010=100 |Quelle:StatistikAustria 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 ’22 100% 110% 120% 130% 140% 150% Baukostenindex VPI = Inflation 101,7 % 101,0 % 148,1 % 130,7 % SACHWERTE Immobilien + Inflation 166 fondsprofessionell.at 2/2022 FOTO: © SAVOIELEYSSE | STOCK.ADOBE.COM

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