FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2022

raum liegen die Werte etwas höher. Für 2023 werden 3,4 Prozent für Deutschland und für die Eurozone etwas mehr erwartet. Und 3,4 Prozent wären noch keine Nor- malisierung. In den Kommentaren zu den 6,1 Prozent wird darauf hingewiesen, dass dies stark von der Entwicklung der Ukrai- nekrise abhängen wird, und schon jetzt zeigt sich, dass die Inflation schneller nach oben geht. Im kommenden Jahr wird die Entwicklung davon abhängen, wie die Notenbanken reagieren; es dürften dann die Zweitrundeneffekte dominieren. Was die Entwicklung in der Ukraine betrifft, ist sehr viel möglich … Das ist richtig, dennoch kann man ver- suchen, eine Benchmark zu setzen, etwa indemman unterstellt, dass Russland völlig aus der internationalen Arbeitsteilung aus- gegliedert wird. Da wird man mittelfristig prognostizieren können, was das heißt beziehungsweise an Wachstumseinbußen bewirkt. Fest steht heute schon, dass Russ- land in Zukunft stark aus der Weltwirt- schaft ausgegrenzt sein wird – egal wie der Ukrainekrieg endet. Sofern es nicht zu einem politischen Umsturz in Moskau kommt. Man kann nicht auf politische Umstürze setzen. Aber die Chance, dass Russland in die internationale Arbeitsteilung zurück- kehrt, hängt davon ab, wie lange Putin respektive sein System an der Macht bleibt. Manmuss wohl davon ausgehen, dass sich dieses System gut abgesichert hat. Das glaube ich auch, daher sollte man nicht auf Umstürze bauen.Man muss sich darauf einstellen, dass wir in der Weltwirt- schaft eine Desintegrationsphase erleben und in einer zweigeteilten Welt leben werden. Das heißt, die derzeit angekündigte Stag- flation ist wahrscheinlich? Ja, die Wachstumsaussichten in Deutsch- land und Europa, in den USA und in China haben sich stark eingetrübt. Die Wirtschaftsentwicklung in Deutschland sta- gniert jetzt schon. Die Inflation ist schon ziemlich hoch und wird mit einer restrik- tiveren Geldpolitik bekämpft werden müs- sen. Das vom Sachverständigenrat prognos- tizierte Wachstum von 1,8 Prozent für 2022 geht von anhaltenden Öl- und Gaslieferun- gen aus Russland aus. Nun werden ein Kohle- und ein Ölembargo kommen. Auch weitergehende Maßnahmen sind möglich. Der MIT-Ökonom Simon John- son hat etwa vorgeschlagen, bei den Tan- kerversicherungen anzusetzen. Dadurch kann der Westen, der diese Versicherungen und Rückversicherungen imWesentlichen stellt, bewirken, dass russische Tanker nicht mehr in andere Regionen liefern können. » Man muss sich darauf einstellen, dass wir in der Weltwirtschaft eine Desintegrationsphase erleben. « Lars Feld, Universität Freiburg fondsprofessionell.at 2/2022 121

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