FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2022

Einfluss reich? Sind die Asset Manager so grün, wie sie behaupten? Eine Studie zum Abstimmungsverhalten lässt Zweifel aufkommen. Doch es gibt gute Gründe, nicht jeden ESG-Aktionärsantrag anzunehmen. E gal ob gute Vorsätze zu Neujahr, nicht eingelöste Wahlversprechen oder nur vermeintlich konsequente Ansagen in der Erziehung: Dass Reden und Handeln nicht immer übereinstimmen, weiß jeder. Auch Fondsanbieter bekommen diesen Vorwurf gelegentlich zu hören, etwa mit Blick auf die nachhaltige Geldanlage. Asset Manager kündigen gern vollmundig an, ökologisch und ethisch korrekt zu investie- ren. Doch stimmen Reden und Handeln in diesem Punkt überein? Wirklich überprüfen lässt sich das kaum, denn hinterher lässt sich immer ein Argu- ment finden, warum beispielsweise das In- vestment in den Autobauer ESG-konform war. Es gibt aber zumindest eine Möglich- keit, das nachhaltige Engagement der Fondsanbieter auf die Probe zu stellen: Wie stimmen sie auf Hauptversammlungen ab? Genau dieser Frage hat sich die Nicht- regierungsorganisation Share Action an- genommen. Sie analysierte das „Proxy Voting“ 65 großer Asset Manager auf Hauptversammlungen im vergangenen Jahr (siehe Kasten nächste Seite). Die Ergebnisse sind teilweise ernüchternd. So gaben sieben der analysierten Asset Mana- ger bei weniger als 60 Prozent der insge- samt 146 analysierten Beschlussvorlagen zu ESG-Themen ihre Stimme ab. „Das sendet die Botschaft an die Unternehmen, dass ihr Verhalten in ökologischen und sozialen Belangen für die Aktionäre nicht von Inter- esse ist“, monieren die Autoren. Viele Fondsanbieter sind zwar Investo- reninitiativen wie „Climate Action 100+“ oder „Net Zero Asset Managers“ beigetre- ten, die sich dem Kampf gegen den Klima- wandel verschrieben haben. Doch die Mit- glieder dieser Initiativen lehnten jeden drit- ten umweltbezogenen Aktionärsantrag ab. Besondere Kritik von Share Action ernten die drei größten Asset Manager: 18 der un- tersuchten Aktionärsanträge hätten eine Mehrheit gefunden, wenn nur einer von ihnen dafür statt dagegen gestimmt hätte. Nicht jeder Antrag ergibt Sinn Also: Tut die Branche nur grün? „Wir gehören zu den Anbietern, die wohl auf den meisten Hauptversammlungen in Deutschland ihre Stimme abgeben“, vertei- digt sich Ingo Speich, Leiter Nachhaltigkeit und Corporate Governance der Deka. „Wir sind aber nicht auf jedem Annual General Meeting eines US-Mid-Caps dabei, das stimmt.Der Aufwand stünde nicht im Ver- hältnis zu unseren jeweiligen Beteiligun- gen, die in aller Regel eher gering sind.“ Es sei auch nicht zielführend, jeder Be- schlussvorlage zum Thema Nachhaltigkeit zuzustimmen. „Wichtig ist die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Antrag, also die Frage, ob das verfolgte Ziel tatsächlich sinnvoll ist“, betont Speich.Wenn eine Um- weltorganisation von einem Energieversor- » Die Stimmrechtsaus- übung ist ein effektives Instrument, um Unter- nehmen in die richtige Richtung zu lenken. « Erik Durhan, Nordea Eine Stimme je Aktie: Große Asset Manager haben auf Hauptversamm- lungen ein gewichtiges Wort mitzu- reden. Mitunter wird hinterfragt, ob sie diese Macht wirklich nutzen, um nachhaltige Ziele zu unterstützen. MARKT & STRATEGIE Stimmrechtsausübung 90 fondsprofessionell.at 1/2022 FOTO: © WAVEBREAKMEDIAMICRO | STOCK.ADOBE.COM

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