FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2022

Angst vor der Blase Die Finanzaufsichtsbehörden sorgen sich um die Entwicklung der Wohnimmobilienpreise . Strengere Maßgaben bei der Vergabe von Immobilienkrediten sollen die Explosion einer Blase verhindern. Ö sterreichs Finanzmarkt steht vor gro- ßen Herausforderungen“, erklärte die Finanzmarktaufsicht (FMA) im vergange- nen Dezember. Dafür gebe es viele Grün- de, einer davon sei das anhaltende Niedrig- zinsumfeld, das „zu Fehlbewertungen und überschießenden Reaktionen bei bestimm- ten Vermögenswerten und Finanzproduk- ten“ führe. FMA-Vorstand Helmut Ettl nannte explizit den Immobilienboom und „eine zu lockere Vergabepraxis bei Wohn- baukrediten, die zu Risiken für die Finanz- marktstabilität führen können“. In den vergangenen zehn Jahren haben sich die Preise für Wohneigentummehr als verdoppelt.Die FMA warnt: „Die Flucht in ‚Betongold‘ birgt die Gefahr einer Immobi- lienblase.“Dabei verweist sie auf den Euro- päischen Ausschuss für Systemrisiken (ESRB), der im September 2021 ausdrück- lich festgehalten habe, dass das Risiko ab- rupter Preiskorrekturen bei bestimmten Vermögenswerten weiter gestiegen sei, da in einigen Marktsegmenten die Preise der Vermögenswerte und die Fundamentalda- ten immer weiter auseinanderklafften. Im „ESRB Risk Dashboard“ werden die Wohnimmobilienpreise in Österreich als stark überbewertet eingestuft. Viele Experten fürchten inzwischen eine Kreditkrise, die zu einem drastischen Verfall der Immobilienpreise führen könnte. Die seit einigen Monaten steigende Inflation, die von der Ukraine-Krise zusätzlich be- feuert wird, könnte ohne eine Trendum- kehr die durchschnittlichen Haushaltsein- kommen belasten und vermutlichmit einer gewissen Zeitverzögerung die Zahlungs- fähigkeit von Zins und Tilgung der mit- unter sehr hohen Kredite ankratzen. Überhitzungsgefahr Die Projektentwickler und Immobilien- käufer stellen das gern in Abrede und rechtfertigen die Preisexplosion mit der hohen Nachfrage sowie mit dem großen Vermögen und der hohen Liquidität der Österreicher. Alles andere wäre auch ge- schäftsschädigend. Ökonomen und Auf- sicht warnen aber nicht aus Jux und Tolle- rei vor zunehmenden Risiken. Die OeNB berichtet seit Jahren, dass die Wohnimmobilienpreise zunehmend von den Fundamentaldaten abweichen. Allein im Jahr 2021 stiegen die Preise um knapp zwölf Prozent im Vergleich zu 2020. Zum Jahreswechsel lagen die Preise bundesweit um 29,8 Prozent über den Fundamental- preisen, nachdem der Indikator im vierten Quartal um 7,6 Prozentpunkte gegenüber dem Vorquartal – und damit so stark wie noch nie seit Beginn der Datenreihe im Jahr 1989 – gestiegen war. Daraus schluss- folgert die OeNB: „Die Abweichung der Preisentwicklung bei Wohnimmobilien von der Entwicklung der im Fundamental- preisindikator enthaltenen Faktoren hat sich in den letzten Quartalen deutlich be- schleunigt, was auf eine Überhitzung des Wohnimmobilienmarktes hindeutet.“ Die Ökonomen, das Finanzministerium, der Fiskalrat und die FMA sehen die Ent- wicklung mit Sorge und warnen sehr deut- lich vor der „Dynamik des Anstiegs der systemischen Risiken“. Das Finanzmarkt- stabilitätsgremium (FMSG) sieht primär zwei Probleme: Erstens ist ein großer Teil der Kreditnehmer gegenüber kurzfristigen Wenn die Wohnimmobilienpreise weiter steigen, ohne dass die Funda- mentaldaten das rechtfertigen, könnte der Markt explodieren. Dagegen sollen strengere Kriterien bei der Vergabe von Wohnkrediten wirken. SACHWERTE Wohnimmobilienpreise 162 fondsprofessionell.at 1/2022 FOTO: © ARTFOCUS | STOCK.ADOBE.COM

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