FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2022

„Aber wir tauschen uns ständig aus, wenn es um Ideen für neue Investments geht, oft sogar zu den unmöglichsten Zeiten“, schmunzelt Widmann. Er selbst ist schon seit Kindertagen begeisterter Pilzsammler. Mit der gleichen Leidenschaft stöbert Widmann auch inter- essante Unternehmen auf. „Ich gerate dabei so richtig in einen Flow“, sagt er. Leuchtner ist eher der strukturiert-mathematische Typ, der kühle Kopf, der Bilanzen scannt und sich auf der Suche nach komplizierten Klauseln durch Anleihenprospekte pflügt. Die Kombination macht das Fondsberater- duo ganz offensichtlich erfolgreich. Immer- hin hat der Squad Aguja Opportunities sei- nen Anlegern seit Auflage eine jährliche Rendite von 9,5 Prozent beschert. Kaum erkannte Chancen finden Um gute Erträge zu erzielen, setzt das Aguja-Duo auf eine flexible Allokation in Aktien und Anleihen. Diese soll es ermög- lichen, in die jeweils attraktivsten Anlagen zu investieren, die eine Firma bietet. „Denn mitunter kann etwa eine Wandelanleihe ein besseres Chance-Risiko-Profil aufweisen als die Aktie desselben Unternehmens“, er- klärt Leuchtner. „Dabei suchen wir gezielt nach Chancen, die der Markt bisher kaum entdeckt hat.“Solche Opportunitäten lassen sich oft dort finden, wo Papiere falsch oder zu niedrig bewertet sind und zusätzliche Werttreiber dafür sorgen, dass sich Rendite realisieren lässt. Diese Werttreiber können etwa in Sondersituationen bestehen. „Wir hatten zum Beispiel einmal eine Wandelanleihe im Fonds, in deren Pro- spekt für den Fall einer Übernahme des Emittenten durch ein anderes Unterneh- men eine ganz verrückte Klausel vorge- sehen war“, verdeutlicht Leuchtner. Diese legte für die Bondinvestoren eine extrem positive Anpassung der Tauschoption fest. „So positiv, dass dieses Investment deutlich attraktiver war als die Aktie“, erläutert der Fondsberater. „Es gibt sehr viele solcher Sondersituatio- nen, auch auf der Aktienseite“, berichtet Widmann. „Zudem versuchen wir, Rendite über Investments zu generieren, bei denen wir gewisse Trigger erkennen“, erklärt er. Als Beispiel nennt Widmann die Investition in den Tiefkühlkosthersteller Frosta. Um die Ecke denken „Als wir die Aktie gekauft haben, gab es eine Preisinflation bei Fisch“, sagt er. Das Unternehmen gab den höheren Preis nicht sofort an die Supermärkte weiter, was die Marge und die Aktie stark unter Druck brachte. Leuchtner und Widmann waren überzeugt, dass dies nur ein vorüberge- hender Effekt sein würde – und so war es auch. „Solche spannenden Situationen kann man aber nur erkennen, wenn man eine Branche in der Tiefe kennt, wenn man voraus- und um die Ecke denken kann“, sagt Fabian Leuchtner. Wie gelingt genau das dem Duo? „Wir sammeln unzählige Details, sprechen mit Branchenexperten, studieren Anleihenpro- spekte, haben die Nachrichtenlage stets im Auge und kombinieren dann alle relevan- ten Informationen“, erklärt Leuchtner. „Das ist wie ein Puzzle, das nur ein ganzes Bild ergibt, wenn man die einzelnen Teile rich- tig zusammensetzt“, sagt Widmann. Der Spaziergang nähert sich seinem Ende.Da war doch noch eine Frage …Ah, Aguja ist also der Name einer Adlerart. „Man sagt, dass sie aus der Luft besonders gut Details erkennen“, erklärt Leuchtner. „Auf Wiedersehen!“ Dimitri Widmann und Fabian Leuchtner verabschieden sich, die Tür des Hauses mit der Nummer 59 im Sachsenring schließt sich hinter dem Duo. Und wenig später ergibt eine kleine Recherche: Aguja-Adler gehen immer zu zweit auf die Jagd. ANDREA MARTENS FP Das Kölner Severinsviertel ist farbenfroh, das gilt auch für so manche Hauswand: Fabian Leuchtner (links) und Dimitri Widmann sind nach ihrem Abschied von Flossbach von Storch in Köln geblieben, denn sie haben die Domstadt schätzen gelernt. Durch die alte Torburg in die Severinstraße: Dimitri Widmann (links) und Fabian Leuchtner sammeln und kombinieren unzählige Informationen. So erkennen sie Investmentgelegenheiten, die nicht offensichtlich sind. fondsprofessionell.at 1/2022 127 FOTOS: CORNELIS GOLLHARDT

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