FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2021

überall ganz andere Unternehmen drin. Dazu kommt, dass die EU-Taxonomie- verordnung „Transition Activities“definiert, also Übergangssektoren. Ich kann damit als braunstes Unternehmen grün sein, weil meine Neuinvestitionen vorwiegend „grün“ sind. Die Gefahr einer Blasenbil- dung wird sogar von der EU-Taxonomie verhindert, da sie ein breites Spektrum an „grünen“ Investitionen zulässt. Viele Länder haben nationale Gütesiegel, die strenger sind als die Taxonomie. Ist es sinnvoll, das investierbare Universum dadurch weiter einzuschränken? Natürlich ist es eine Einschränkung. Aber das sind Qualitätszeichen, die genau be- schreiben, was die Region als nachhaltig empfindet. Österreich macht das mit dem Umweltzeichen UZ 49, Deutschland mit dem FNG-Siegel. Das gibt Privatanlegern Sicherheit. Die Grundidee der EU-Offen- legungsverordnung war: Eine Investment- gesellschaft, die nachhaltige Komponenten integriert, muss darlegen, wie sie das tut. Das sagt nicht, ob das qualitativ hochwertig ist. Deshalb hat die EU-Kommission das Ecolabel für Finanzprodukte ins Leben gerufen, das gerade finalisiert werden soll. Zusätzlich will die EU Mindestkriterien ein- führen, ab wann ein Fonds nachhaltig ist. Die deutsche Aufsicht Bafin hat auch eine Verordnung ausgearbeitet. Ist das gut? Die EU-Kommission hat mit der Offenle- gungsverordnung die Basis für die Transpa- renz gelegt.Dann hat sie nachgeschärft mit den „Principal Adverse Impact“-Kriterien (Anm.: „nachteilige Auswirkungen auf Nach- haltigkeit“) und mit dem „Do No Signifi- cant Harm“-Prinzip (Anm.: eine Aktivität ist taxonomiekonform, wenn sie eines von sechs Umweltzielen voranbringt, ohne ein anderes zu torpedieren) . Welche Zusatzkriterien ein nachhaltiger Fonds erfüllen muss, obliegt derzeit jedem Land.Wir gehen gerade weg von der Zentralisierung des Nachhaltig- keitsempfindens in eine Dezentralisierung: Deutschland definiert zum Beispiel Schwellen- und Ausschlusskriterien. In Frankreich hingegen ist ein Fonds nur nachhaltig, wenn er unter anderem das ESG-Rating der besseren 80 Prozent seiner Benchmark schlägt – Soziales wird berück- sichtigt. Beide Länder könnten sich auf- grund der unterschiedlichen Handhabung Greenwashing vorwerfen. Die EU will das vereinheitlichen. Das von Ihnen gemanagte Ethik-Portfolio hat Eingang gefunden in das internationale Amundi-Universum. Wie kam es dazu? Es gibt heute hochkomplexe Multi-Asset- Ansätze.Das klassische Bottom-up-Manage- ment ist ein wenig in den Hintergrund ge- treten, funktioniert aber im Peergroup-Ver- gleich hervorragend. Zusätzlich war unser Fonds durch das UZ 49 immer sehr streng nachhaltig. Das ist beim Kauf von Pioneer durch Amundi aufgefallen. In Deutschland wurde er bereits verkauft. Für den inter- nationalen Vertrieb wurde ein Klon nach Luxemburger Recht aufgelegt, der Amundi Multi-Asset Sustainable Future. Der Ethik Fonds verwaltet inzwischen 1,8 Milliarden Euro, im Luxemburger Pendant sind es noch einmal 1,2 Milliarden. Letzterer Fonds wird insbesondere in Italien verkauft und jetzt auch stark in Frankreich. Welches Jahr war bisher Ihr schwierigs- tes? Und wie lief das Corona-Jahr 2020? 2020 war super für nachhaltige Fonds. Die fiskalpolitischen Corona-Maßnahmen ha- ben die Umwelt stark betont. Am schwie- rigsten ist 2021. Der Nachhaltigkeitssektor hat extrem schlecht performt, während Bereiche mit fossiler Energie aufgrund des 70-prozentigen Rohölpreisanstiegs um 50 Prozent dazugewonnen haben. Vielen Dank für das Gespräch. EDITH HUMENBERGER-LACKNER FP » Wir gehen gerade von der Zentralisierung des Nachhaltigkeits- empfindens weg in eine Dezentralisierung. « Jörg Moshuber, Amundi KURZ-VITA: Jörg Moshuber Jörg Moshuber ist Head of Multi-Asset Balanced, Income and Real Return ESG Solutions bei Amundi. Er ist seit 2009 bei Amundi Austria (bis 2018 Pioneer Investments Austria) tätig. FOTO: © GÜNTER MENZL 80 fondsprofessionell.at 4/2021 MARKT & STRATEGIE Jörg Moshuber | Amundi

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