FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2021

Heuser: Unternehmen, wie Sie sie beschrei- ben, findet man aber doch längst nicht in jedem Sektor. Wagner: Genau das ist der Grund dafür, dass wir uns bewusst auf ausgesuchte Bran- chen konzentrieren, die unserem Such- muster entsprechen. Deshalb kommt es eben zu Übergewichtungen in Sektoren wie Konsum, Industrie, Technologie oder auch Gesundheitswesen. Andere meiden wir bewusst, weil sie zum einen nicht unseren qualitativen Erwartungen entspre- chen, zum anderen, weil wir sie anhand unseres Bewertungsmodells nicht wirklich beurteilen können. Dieses Modell erlaubt uns, vereinfacht gesagt, einen Vergleich zwischen dem fairen Wert einer Aktie und deren aktueller Kursnotierung. Liegt der faire Wert deutlich über dem aktuellen Kurs, so stehen wir auf der Käuferseite. Glow: Welche Branchen sind denn üblicher- weise nicht im Fonds vertreten? Wagner: Es gibt natürlich immer Ausnah- men. Aber in der Regel gehören Banken, Versicherer sowie Versorger, Telekomwerte oder Fluggesellschaften zu den Sektoren, von denen wir eher die Finger lassen. In diesen Branchen finden sich entweder Un- ternehmen, die nicht über die von uns ge- suchtenWettbewerbsvorteile verfügen, oder Unternehmen, deren fairen Wert wir mit unserer Vorgehensweise nicht bestimmen können. Letzteres gilt vor allem für den Be- reich Banken und Versicherungen. Denn deren Bilanzen spiegeln nicht unbedingt alle Risiken wider, die ein Institut in seinen Büchern hat. Zu vielem, was sich irgend- wann als Ergebnis dieser Risiken zeigen wird, liefert die Bilanz uns aber keine brauchbare Auskunft. Und wenn wir ein Unternehmen nicht bewerten können, ist es für uns nicht sinnvoll, in der ent- sprechenden Aktie investiert zu sein. Heuser: Noch einmal kurz zurück zur Per- formance des Fonds: Da scheint es in den vergangenen drei bis fünf Jahren deutlich besser zu laufen. Ist es bei Ihrer Strategie zu größeren Veränderungen gekommen? Wagner: Die letzte nennenswerte Verände- rung innerhalb unserer Strategie liegt schon wesentlich länger zurück und war eine Reaktion auf die Entwicklung des Fonds in den Jahren 2012 und 2013. Auf- grund der damals vorherrschenden Unsi- cherheiten an den Aktienmärkten hatten wir einen Großteil unserer Aktienallokati- on über Indexfutures abgesichert. Nach Mario Draghis „Whatever it takes“ und dem darauf folgenden starken Kursanstieg insbesondere bei Finanzwerten hat das da- zu geführt, dass wir über die Futures ausge- rechnet bei Banken und Versicherungen gewissermaßen eine Shortposition aufge- baut hatten, eben weil wir die entsprechen- den Aktien schon damals nicht physisch im Fonds gehalten haben. Das hat die Performance des Fonds erheblich in Mit- leidenschaft gezogen. Heuser: Mit welcher Konsequenz? Wagner: Ich habe die Strategie, die fast schon so etwas wie eine strukturelle Long- Short-Strategie gewesen ist, aufgegeben. Heute setze ich solche Futureskontrakte nur noch eher selten und über einen kurzen Zeitraum ein, etwa in Fällen, in denen ich ein spezifisches und kurzfristig auftretendes Risiko am Markt absichern möchte. Glow: Beim Stichwort Risikomanagement: Was halten Sie in Bezug auf den BL-Global Flexible EUR für erwähnenswert? Wagner: Das beste Risikomanagement ist aus meiner Sicht der gesunde Menschen- verstand, auch wenn eine solche Aussage für institutionelle Anleger wohl absolut un- befriedigend ist. Unabhängig davon, was andere Marktteilnehmer uns signalisieren, kaufen wir daher ausschließlich Aktien von Unternehmen, die wir wirklich verstehen. » Heute setze ich Futures- kontrakte nur noch eher selten und über einen kurzen Zeitraum ein. « Guy Wagner, Banque de Luxembourg Investments MARKT & STRATEGIE Fondsmanager in Kreuzverhör | Guy Wagner | Banque de Luxembourg Investments 58 fondsprofessionell.at 4/2021 KREUZ VERHÖR FOTO: © ANNA ALBU

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