FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2021

Inflation festigt die Preise Die steigende Inflationsrate bereitet vielen Beratern und Investoren Sorgen. Der Immobilienmarkt reagiert gelassen, nachdem die Preise in den vergangenen Jahren schon massiv gestiegen sind. I ch hoffe, dass die Ökonomen recht behalten, die erwarten, dass die aktuell hohe Inflation in Europa nur temporär ist“, sagte Finanzminister Gernot Blümel kürz- lich in einem Interview. Eine längere Phase höherer Inflation sei verhängnisvoll. Denn: „Hohe Inflation und Niedrigzinsen sind die Enteignung der Mittelschicht.“Zumin- dest der Immobilienmarkt bleibt aber von der steigenden Inflationsrate (siehe Grafi- ken auf Seite 150) noch unbeeindruckt. Das sogenannte Betongold wird seit Jah- ren teurer, ein Grund dafür ist, dass die Errichtungskosten von Immobilien laufend steigen. Mit der aktuell gestiegenen Infla- tionsrate hat das jedoch aus zwei Gründen wenig zu tun: Einerseits trieben im Okto- ber die steigenden Treibstoff- und Energie- preise die Inflationsrate laut Statistik Aus- tria auf 3,6 Prozent in die Höhe. Und für die September-Inflationsrate von 3,3 Pro- zent waren nach offiziellen Angaben pri- mär die Haushaltsenergiepreise (plus 10,3 Prozent) und teilweise die Instandhaltungs- kosten für Wohnungen (plus 6,1 Prozent) verantwortlich. Andererseits sind die Bau- kosten im Warenkorb des Verbraucher- preisindex nur sehr gering gewichtet. Inflation stützt Preisauftrieb Aussagekräftiger für die Immobilienwirt- schaft ist der Baupreisindex, der die Ver- änderung der tatsächlichen Preise, die der Bauherr für Bauarbeiten bezahlen muss, darstellt. In den vergangenen Monaten haben insbesondere der Holzbau, die Me- tallbauarbeiten, Glasfassaden, Beton-, Stahl- beton- sowie Dachabdichtungsarbeiten die Gestehungskosten nach oben befördert. Allein in den ersten neun Monaten 2021 stieg der Baupreisindex der Statistik Austria um rund zehn Prozent. Von der Zunahme der Baukosten sind vor allem noch nicht beauftragte Vorhaben betroffen, und dabei geht es nicht nur um das Material. „Neben den Lieferproblemen bei Baumaterialien spielt auch die äußerst gute Auslastung der Bauunternehmen und des Baunebengewerbes eine Rolle“, berich- tet Buwog-Geschäftsführer Andreas Holler und macht Hoffnung: „Allerdings beginnt sich die Situation bereits zu entspannen, und ich bin zuversichtlich, dass wir 2022 wieder zu einer einigermaßen normalen Marktsituation zurückkehren werden.“ Die Frage, inwieweit die allgemeine In- flation zusätzlich die Kauf- und Mietpreise für Immobilien und Grundstücke befeuert, ist facettenreich. „Die allgemeine Inflation, die zumeist den Konsumentenpreisindex meint, hat keine direkten Auswirkungen auf die Baubranche – nur indirekt über höheres Lohnwachstum der Beschäftigten“, meint Wifo-ÖkonomMichael Klien. In den vergangenen Jahren haben sich die Immobilienpreise abgekoppelt von der Inflationsrate bereits steil nach oben ent- wickelt, und 2021 ist kein Ende der Preis- rallye in Sicht. Das bestätigt OeNB-Presse- sprecher Christian Gutlederer: „Auch im dritten Quartal 2021 waren bei Wohn- immobilien weiterhin Preiszuwächse über der Zehnprozentmarke zu verzeichnen. In Wien stiegen die Immobilienpreise im Vor- jahresvergleich um 10,2 Prozent und im restlichen Bundesgebiet um 10,6 Prozent.“ Der Trend zu deutlichen Preissteigerun- gen ist von langfristiger Natur, wie die Gra- Die Baukosten steigen bereits seit Längerem unabhängig von der allgemeinen Inflation . In der jüngeren Vergangenheit haben sich insbesondere Holz, Metall, Glas, Beton und Stahl verteuert. SACHWERTE Immobilien-Inflation 148 fondsprofessionell.at 4/2021 FOTO: ©BUWOG | INFINITYELEVEN_

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=