FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2021

land. „Falls sich eine oder auch beide Annahmen als falsch erweisen sollten, sehen wir noch viel Luft nach oben für Gold und Silber.“Die Erwartung einer nur kurzfristigen Inflation drückt sich bislang auch in der Nachfrage nach börsenge- handelten Rohstoffprodukten wie Gold- ETFs und Gold-ETCs aus. „Die Bestände der Goldfonds sind anhaltend rückläufig und liegen aktuell auf demNiveau von vor Beginn der Pandemie“, so der Fürst-Fugger- Experte Frey. Abflüsse aus ETFs So sank im dritten Quartal 2021 dem World Gold Council zufolge die allgemei- ne Goldnachfrage gegenüber dem Vorjahr um sieben Prozent.Wichtigster Grund wa- ren Abflüsse aus goldbesicherten Invest- mentvehikeln. „Die relativ moderaten Abflüsse aus goldbesicherten ETFs haben sich unverhältnismäßig stark auf die dies- jährigen Zahlen ausgewirkt“, wendet Louise Street, Marktanalystin beim World Gold Council, ein. Denn im Vergleich zu der pandemiebedingten Kaufwelle des Vorjahres reichten die Abflüsse aus, um die Gesamtgoldnachfrage im Jahresvergleich sinken zu lassen, obwohl die Nachfrage in allen anderen Sektoren gestiegen sei. Zudem warnen Beobachter, dass die Preissteigerungen nicht nur kurzfristiger Natur sein könnten. „Einige Inflations- faktoren hängen sicherlich mit der Wieder- belebung der Wirtschaft zusammen“, sagt Joe Foster, Goldstratege bei Van Eck. Aber langfristige strukturelle Veränderungen nach der Pandemie wie beim Verbraucher- verhalten, am Arbeitsmarkt, bei den Roh- stoffen sowie in der Produktion und im Transport von Waren deuteten auf eine an- haltende Phase steigender Preise hin. „Das vielleicht überzeugendste Argument ist die Tatsache, dass die lockere Geldpolitik und in letzter Zeit auch die Finanzpolitik die Inflation seit Jahren anheizen“, so Foster. Daran werde sich so schnell auch nichts ändern, argumentiert Benjamin Louvet von Ofi Asset Management. „Anleger müs- sen verstehen, dass die Zentralbanken ange- sichts der Verschuldung der großen Indus- triestaaten keine andere Wahl haben, als die nominalen Zinssätze nur dann anzuheben, wenn es eine Inflation gibt“, meint der Goldfondsmanager. „Der Grund: Die rea- len Zinssätze müssen niedrig gehalten wer- den, damit die Verschuldung im Rahmen bleibt. Das wirkt sich positiv auf Gold- investments aus.“Demnach sollte die Welt- wirtschaft in eine Phase steigender Preise bei holprigem Wachstum und niedrigen Zinsen hineinlaufen. Klarer Gewinner Doch wie schlägt sich Gold im Umfeld einer Stagflation? Das World Gold Council untersuchte die Entwicklung verschiedener Anlageklassen über verschiedene vergange- ne konjunkturelle Konstellationen hinweg. Dabei gingen die Analysten bis zum Jahr 1973 zurück und errechneten eine annua- lisierte Durchschnittsrendite für den je- weiligen Abschnitt des Konjunkturzyklus. Das Ergebnis der Branchenvertreter: Gera- de in einer Stagflation spielt das Edelmetall seine volle Stärke aus (siehe Grafik unten). Aktien erweisen sich dabei rückblickend als deutliche Verlierer. Wendet sich jedoch Gold als Stagflationsgewinner Annualisierte durchschnittliche Rendite in verschiedenen Konjunkturphasen Die Volkswirte des World Gold Council errechneten die Renditen der Anlageklassen in verschiedenen Abschnitten des Konjunkturzyklus seit 1973. *Europa,AustralasienundFernost |Quelle:WorldGoldCouncil -10% 0% 10% 20% 30% Rohstoffe (S&P GSCI) USA Unternehmens- anleihen USA Anleihen öffentliche Hand Aktien übrige Welt (MSCI EAFE*) Aktien USA (S&P 500) Gold (in US-Dollar) Goldlöckchen Reflation Stagflation Deflation » Die realen Zinssätze müssen niedrig gehalten werden, damit die Verschuldung im Rahmen bleibt. « Benjamin Louvet, Ofi Asset Management fondsprofessionell.at 4/2021 101 FOTO: © OFI AM

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