FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2021

Mehr dürfen Die Wertpapierfirmen (WPF) bekommen neue Aufsichtsregeln . Vordergründig unspektakulär, doch im Hintergrund steht der hier- zulande eingeschränkte Berechtigungsumfang zur Diskussion. W enn EU-Regulierungen nicht frist- gerecht in nationales Recht gegos- sen werden, fällt in der österreichischen Finanzbranche niemand mehr schockiert vomHocker.Man hat sich daran gewöhnt; meist liegen die Gründe irgendwo zwi- schen Corona, Belastung durch U-Aus- schuss – oder es wird doch an einem grö- ßeren Wurf gearbeitet. Letzteres dürfte im vorliegenden Fall eine Rolle spielen. Fix ist: Seit 26. Juni 2021 gelten die EU- Richtlinie IFD und die Verordnung IFR, die die Beaufsichtigung von Wertpapier- firmen auf gänzlich neue Beine stellen (siehe nächste Seite). Die Verordnung ist seit diesem Tag anzuwenden, die Richtlinie hätte bis dahin in österreichisches Recht umgesetzt werden müssen. Allein: Bei Re- daktionsschluss Mitte September existierte noch nicht einmal ein offizieller Entwurf. Die Umsetzung sei „in Abstimmung und Finalisierung“, heißt es aus dem BMF. Im Wesentlichen geht es bei IFD/IFR darum, dass sich die Eigenkapitalanforde- rungen für Wertpapierfirmen nicht mehr so stark wie bisher an den Regeln für Kre- ditinstitute orientieren müssen („Basel“- Standards). Denn diese fokussieren sich auf Kreditvergabekapazitäten oder Einlagensi- cherheit. Bei WPF stehen bekanntlich ganz andere Risiken im Vordergrund. Also wer- den Wertpapierfirmen nun auf Geheiß der EU in drei Klassen unterteilt. Abhängig von Aspekten wie Bilanzgröße, verwaltetem Vermögen oder Auftragswerten verlangen die Aufseher abgestufte Eigenmittel- und Liquiditätsanforderungen oder Gover- nance-, Offenlegungs- und Meldeverpflich- tungen. Die Unternehmen müssen zum Beispiel regelmäßig Höhe und Zusammen- setzung der tatsächlichen Eigenmittel und der Eigenmittelanforderungen melden – und zwar vierteljährlich für „Aufsichtsklas- se 2“und jährlich für „Klasse 3“, in der nur Mindestanforderungen zu erfüllen sind. Kein Klasse-1-WPF In die „Königskategorie“ (Klasse 1, Sys- temrelevanz, Bilanzsumme über 15 Milliar- den Euro), in der ein WPF wie eine Bank beaufsichtigt würde, fällt kein hiesiges Unternehmen. „Konzessionsträger dieser Größenordnung gibt es auf absehbare Zeit in Österreich nicht“, heißt es beim BMF. Während es in dieser Größendiskussion eine klare Aussage gibt, lässt das BMF die – eigentlich für die Branche interessantere – Frage nach einem möglichen Ausbau der WPF-Befugnisse unbeantwortet.Diese stellt sich, weil die österreichischen WPF, vergli- chenmit den EU-Mifid-Standards,nur einen reduzierten Berechtigungsumfang haben. Insbesondere dürfen WPF hierzulande kei- ne Kundengelder entgegennehmen oder Finanzinstrumente für Kunden halten. Es handelt sich um ein Goldplating des österreichischen Gesetzgebers, der so die Gefahren minimieren will – Bankrisiken sollen im eng beaufsichtigten Banksektor » Konzessionsträger dieser Größenordnung gibt es auf absehbare Zeit in Österreich nicht. « Finanzministerium Österreichs Wertpapierfirmen dürfen bisher nicht alles, was das EU-Recht der Konkurrenz erlaubt. Dieses ein- geschränkte Spektrum gerät nun im Zuge einer Gesetzesnovelle zur WPF-Aufsicht wieder in das Blickfeld. STEUER & RECHT Wertpapieraufsicht 254 fondsprofessionell.at 3/2021 FOTO: © THOMAS REIMER | STOCK.ADOBE.COM

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