FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2021

serve, mit dem die Notenbank ihren Aus- blick für den weiteren Zinsverlauf signali- siert, dass mit Zinserhöhungen frühestens im Jahr 2023 zu rechnen sein wird. Andere große Zentralbanken, darunter auch die EZB, scheinen sogar noch weiter von einem solchen Schritt entfernt zu sein, und dürf- ten der Fed bei der Rücknahme ihrer lockeren Politik weiter hinterherhinken. Was muss passieren, damit es auch in Europa wieder höhere Zinsen gibt? Das hängt vor allem davon ab, wie man in Europa mit dem Thema Fiskalpolitik um- gehen wird. Sollte zum Beispiel Deutsch- land weiterhin darauf bestehen, dass die Schuldenbremse Teil der Verfassung bleibt, und weiterhin eine sehr moderate fiskalpo- litische Strategie verfolgen, so kann sich in Europa das Trendwachstum nicht maßgeb- lich erholen. Und das liegt aktuell bei rund einem Prozent, in der Tendenz sogar eher niedriger, weil von der demografischen Si- tuation und vom Produktivitätswachstum wenig Impulse zu erwarten sind, den län- gerfristigen Trend zu ändern. Insbesondere in Deutschland braucht es ein Umdenken, um diesen strukturellen Gegenwind wirk- lich zu verändern. Ansonsten sehe ich we- nig Möglichkeiten, wie die EZB die Zinsen jemals wieder anheben kann. Und welche Folgen das haben kann, wissen wir längst. Worauf spielen Sie an? Anleihen weisen nicht mehr die Charakte- ristika und das Risikoprofil auf, die man von ihnen erwartet.Und das werden sie bei steigenden Zinsen auch in der nahen Zu- kunft nicht tun.Wie soll auch ein positiver Return zustande kommen, wenn mein Startpunkt schon bei minus 60 Basispunk- ten auf zehnjährigen Bundesanleihen liegt? Anleihen haben ihre Pufferfunktion verlo- ren, sie bieten einfach nicht mehr die Absi- cherung und Diversifikation wie früher. Aber zeigt nicht Japan, dass ein niedriger Zins nicht unbedingt schlecht sein muss? Das mag sein.Aber die Amerikaner machen uns gerade vor, was gezielte fiskalpolitische Maßnahmen tatsächlich bewirken können. Dass nämlich entsprechend massive Anrei- ze eine Dynamik erzeugen können, die es in der Folge auch der Zinspolitik erlauben sollte, zu einer Normalisierung zurückzu- kehren. Ansonsten bleibt es dabei, dass die Zentralbankpolitik am Ende ihrer Wirk- samkeit ist. Sie kann zwar Märkte stabilisie- ren und unterstützen, aber damit ist kein Stimulus, kein Impuls verbunden. Damit steht aber doch sofort wieder das Thema Budgetdefizite im Raum… …inklusive der Frage,welche Verschuldung in welcher Höhe akzeptabel ist. Zu dieser Debatte muss Deutschland aber kommen. Das dürfte gerade in einem Wahljahr eine spannende Entwicklung werden, selbst wenn sich jetzt schon erahnen lässt, dass es auch diesmal zu einemMismatch zwischen politischen Ambitionen und der Umset- zung in der Realität kommen wird.Und in diese fiskalpolitischen Diskussionen muss natürlich gerade das Thema Nachhaltigkeit mit eingebunden werden, zumal Deutsch- land gerade erst seine zeitlichen Ziele im Hinblick auf die Klimaneutralität noch ein- mal deutlich verschärft hat. Dieser massive Umstellungsprozess wird natürlich einer- seits sehr viel Kapital benötigen, birgt aber andererseits die Chance, eine enorme Dynamik zu erzeugen, die sich in Zukunft extrem positiv auf bestimmte Wirtschafts- bereiche auswirken würde. Vielen Dank für das Gespräch. HANS HEUSER FP KURZ-VITA: Sonja Laud Sonja Laud arbeitet seit Januar 2019 für Legal & General Investment Management, sechs Monate später hat sie die Verantwortung als Anlagechefin übernommen. Gestartet hat sie ihre Laufbahn 2001 als Fondsmanagerin bei der DWS. Später folgten Stationen bei Schroders, Barings und Fidelity. » Anleihen weisen nicht mehr die Charak- teristika und das Risiko- profil auf, die von ihnen erwartet werden. « Sonja Laud, Legal & General IM fondsprofessionell.at 2/2021 79

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