FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2021

ziell: Zum einen bin ich davon überzeugt, dass kleine bis mittelgroße Unternehmen, die zudem oft jünger und auch sehr viel fokussierter sind, in der Regel auch die bes- seren, sprich: stärker performenden Aktien haben. Diese Unternehmen agieren sehr viel disziplinierter, weil sie sich wirklich um ihr eigentliches Geschäft kümmern und weniger Politik betreiben, als das bei jedem großen Konzern an der Tagesordnung ist. Während Großunternehmen wie etwa eine Deutsche Telekom von einer gewissen Schwerfälligkeit bis hin zum Bürokratis- mus und einer oft nicht vorhandenen Kon- gruenz der eigenen Interessen geprägt sind, handeln kleinere Firmen wie etwa Sixt, um ein Beispiel aus unserem Fonds zu nennen, sehr viel agiler und zielgerichteter, weil es ihnen mehr um die Sache geht oder weil sie einfach der innovativste Anbieter ihrer Branche sein wollen. Heuser: Und Ihre zweite Überzeugung? Eichler: Wir werden uns grundsätzlich nie von einem Index vorschreiben lassen, wie die Struktur unseres Fonds auszusehen hat. Nur weil Unternehmen wie Siemens, Deutsche Telekom oder SAP Schwerge- wichte im Index sind, müssen wir sie ja nicht im Portfolio halten. Von solchen Zwängen haben wir uns befreit, und wir steuern das Produkt auf eine Sicht von drei bis fünf Jahren, wenn es darum geht, mit den Index verglichen zu werden. Wir wol- len möglichst viele Positionen halten, die eine reelle Chance aufweisen, ihren Aktien- kurs in fünf Jahren zu verdoppeln. Wenn es manchmal sechs oder sieben Jahre dauert, ist das auch nicht schlimm, aber das ist unser Beuteschema. Glow: Trotz eines breiten Universums wie dem Stoxx Europe 600 sind es aber nicht übermäßig viele Unternehmen, die Ihrem Beuteschema entsprechen. Eichler: Deshalb bleiben von rund 300 Unternehmen, die wir in einem Jahr ge- nauer unter die Lupe nehmen, am Ende auch nur maximal zehn übrig, die wir tatsächlich ins Portfolio aufnehmen. In die- ser Hinsicht sind wir durchaus wählerisch, um nicht zu sagen, anspruchsvoll. Aber wir haben eines zeigen können: Wenn man das konsequent über einen längeren Zeit- raum so praktiziert, hat man eine reelle Chance auf eine hohe Erfolgsquote im Vergleich zum Index – vielleicht nicht in jedem Jahr, auf Sicht von drei bis fünf Jahren schon.Wir sind jedenfalls nicht der Fondsmanager, der sich fragt, ob er nun eher die Versorgerwerte oder die Telekom- aktien übergewichten soll. Glow: Was kennzeichnet denn die Unter- nehmen, nach denen Sie suchen? Eichler: Wir ziehen Unternehmen vor, die sich in ihrer Nische als Spezialisten be- wusst auf eine, vielleicht auch zwei Aktivi- täten konzentrieren, aber nicht überall mit- zumischen versuchen. In unseren Analysen zu Unternehmen ist deshalb unsere Ein- schätzung zum Management als Entschei- dungskriterium enorm hoch gewichtet. Dahinter steckt die Überzeugung, dass auch ein Unternehmen am Ende von Indi- viduen geleitet wird. Deshalb versuchen wir,Gesellschaften ausfindig zu machen, an deren Spitze hungrige, motivierte und ex- trem glaubwürdige Menschen sitzen, die noch etwas vorhaben und das auch errei- chen werden. Das sind oft Unternehmen, die sich durch neue Entwicklungen in Form von innovativen Produkten oder Dienstleistungen auszeichnen oder gerade vor einem Börsengang stehen. Auf dieser Suche kann man schon mal daneben- greifen. Aber wenn man seine Fehlerquote gering hält, hat man eine gute Ausgangs- position, um ziemlich erfolgreich zu sein. Heuser: Wovon lassen Sie denn bewusst und grundsätzlich die Finger? Eichler: Was wir gar nicht mögen, das sind » Wir sind nicht der Fondsmanager, der sich fragt, ob er eher Versor- ger oder Telekomwerte übergewichten soll. « Olgerd Eichler, Mainfirst MARKT & STRATEGIE Fondsmanager in Kreuzverhör | Olgerd Eichler | Mainfirst AM 56 fondsprofessionell.at 2/2021 KREUZ VERHÖR FOTO: © CHRISTOPH HEMMERICH

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