FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2021

Pflichtverletzung begangen hat. Ähnlich findet sich dies auch im WAG (§ 96), im BörseG (§ 108), im InvFG (§ 190a) und im KMG (§ 15) wieder. Allen Bestimmungen ist gemeinsam, dass die FMA ihrem Ermes- sen nach wählen kann, ob sie nur gegen das Unternehmen oder auch die natürliche Person vorgeht und beide sanktioniert. Verwaltungspraxis soll sein, dass dieser Ermessensspielraum nicht überdehnt wird und von einer zusätzlichen Strafe für die natürliche Person abgesehen wird – dies hindert die FMA jedoch nicht, parallel Sanktionen zu verhängen. Hohe Strafen Die Strafen selbst sind empfindlich hoch: Die FMA kann bis zu zehn Prozent des jährlichen Gesamtnettoumsatzes oder bis zum Zweifachen des aus dem Verstoß gezogenen Nutzens verhängen. Natürlich war hier bei der Premiere einer solchen Strafandrohung durch die FMA für eine juristische Person die Frage evident, ob die FMA als ermittelnde und verurteilende Behörde überhaupt derart hohe Strafen verhängen darf. Der VfGH hat überra- schend Ende 2017 jedoch entschieden, dass dies verfassungsrechtlich zulässig ist. Sein Argument war hierfür vorwiegend, dass für die Zuständigkeit zum Verhängen nicht allein die Höhe der Geldstrafe ausschlagge- bend sein soll.Damit hat er allerdings seine ursprüngliche Rechtsprechung ins Gegen- teil verkehrt,weil er dort noch betont hatte, dass bei hohen Strafen nur ein ordentliches Strafgericht zuständig sein darf. Unternehmen strafbar? Damit die FMA überhaupt ein Unter- nehmen direkt strafen kann, muss eine natürliche Person, die dem Unternehmen zurechenbar ist (z.B. ein Vorstand), eine Verwaltungsübertretung begangen haben. Es reicht aber nicht, wenn die Führungs- person bloß bestimmbar ist, zum Beispiel durch einen Blick in das Firmenbuch. Damit das Unternehmen belangt werden kann, ist die Führungskraft dahinter namentlich zu nennen. Eine einmal be- nannte Führungsperson, die zugerechnet werden soll, kann im Nachhinein jedoch nicht ausgetauscht werden. Will die FMA nur gegen die juristische Person vorgehen, so darf sie das nach dem FMABG auch tun. Das ändert jedoch nichts daran, dass separat vomUnternehmen auch gegen die- se natürliche Person vorgegangen werden kann. Soweit keine „besonderen Um- stände“ vorliegen, kann sie nach freiem Ermessen entscheiden, gegen die natürliche Person noch zusätzlich vorzugehen. Die Führungskraft beziehungsweise sonstige zugerechnete Person wird dabei in der Regel auch als Beschuldigter neben der juristischen Person geführt. Die möglichen Strafen sind aber unterschiedlich – schließ- lich kann die natürliche Person nicht nur wie das Unternehmen eine Verwaltungs- strafe ausfassen, sondern sich diese auch auf die Zuverlässigkeit der natürlichen Person (Schlagwort fit & proper) auswirken. Verfassungsrechtlich bedenklich Zunächst werfen diese Entwicklungen die Frage auf, inwiefern die Möglichkeit, durchaus drakonische Strafen durch die ermittelnde Behörde verhängen zu lassen, zulässig sein kann. Schließlich gibt es in der europäischen Grundrechtecharta (Art. 50) sowie in der Menschenrechtskonvention (Art. 4 des 7. Zusatzprotokolls) grundrecht- liche Garantien, die eine Doppelbestrafung eigentlich verbieten. Daneben erscheint auch das Ermessen der FMA beim Fest- setzen der Strafhöhe verfassungsrechtlich bedenklich – der Gesetzgeber hat der Behörde kaum Vorgaben gemacht, womit diese frei entscheiden kann, inwieweit sie den Strafrahmen von bis zu zehn Prozent des jährlichen Gesamtnettoumsatzes bezie- hungsweise der fest vorgesehenen Beträge ausschöpft. Derzeit scheint sich der Gesetzgeber des Themas kaum annehmen zu wollen, zu- mindest sind aktuell im Hinblick auf die angerissenen Problemkreise für die Finanz- marktteilnehmer keine geplanten Ände- rungen bekannt. Anders, aber außerhalb des Finanzmarktrechts wurden etwa im Datenschutzrecht bereits die notwendigen Schritte gesetzt: Bei Verstößen ist nicht mehr gegen eine natürliche Person vorzu- gehen, soweit bereits gegen eine juristische Person eine Strafe für ein und denselben Verstoß verhängt wurde. Reformbedarf Evident ist, dass im österreichischen Ver- waltungsstrafrecht ein einheitlicher Zugang zu den Themen fehlt und wohl nur durch eine grundsätzliche Neufassung der rele- vanten Bestimmungen erreicht werden könnte. Es bleibt zu hoffen, dass sich der Gesetzgeber früher als später dieses Themas annimmt und etwas ändert und auch im Bereich des Finanzmarktrechts Milde wie im Datenschutzrecht walten lässt. Eine Schlechterstellung der Finanzmarktteilneh- mer ist an sich nämlich nicht gerechtfertigt. Der Autor Dr. Raphael Toman LL.M. (NYU) ist assoziierter Partner, Janine Jira, LL.B. (WU) ist studentische Mitarbeiterin in der auf Kapitalmarktrecht spezialisierten Kanzlei BRANDL TALOS Rechts- anwälte GmbH. FP Dr. Raphael Toman, Partner bei der Kanzlei BRANDL TALOS Rechtsanwälte. fondsprofessionell.at 2/2021 245

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