FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2021

Gestaltungsmöglichkeiten Die geltenden Gesetze bieten kaum Möglichkeiten, Steuern zu sparen. „Aus diesem Grund ist die proaktive Gestaltung der Immobilienübertragung in erster Linie ein Weg, im Vorfeld Klarheit für alle Betei- ligten zu schaffen“, meint Steuerberater Michael Nösslböck, Partner der Linzer Kanzlei Eccontis. Inwieweit die Beratungs- kosten beim Steuer- und Rechtsberater sinnvoll investiert sind, lässt sich nur im Einzelfall beurteilen. Die Schenkung kann beispielsweise der Vermögenssicherung die- nen, indem dadurch unter anderem die Immobilien fest im Familienbesitz bleiben. Sofern die Erben eine Immobilie aus- bauen oder auf demGrundstück zubauen, gibt ihnen die Schenkung zu Lebzeiten Rechtssicherheit für die gesamte Liegen- schaft. Ein wichtiger Punkt: „Bei der Schen- kung ist immer darauf Bedacht zu neh- men, dass Pflichtteilsansprüche nicht beein- trächtigt werden“, betont Anwalt Gratzl. Aufpassen heißt es bei einer teilweisen Schenkung mit einer Ausgleichszahlung, wenn diese mehr als 50 Prozent des Immo- bilienwerts überschreitet. Dann stellt diese Zahlung eine Veräußerung dar, die der Immobilienertragsteuer (Immo-ESt.) unter- liegt. Sie beträgt derzeit für die Immobilien, die nach dem 31. März 2002 angeschafft wurden, 30 Prozent, bezogen auf den Ver- äußerungsgewinn. Bei älteren Objekten be- trägt die Immo-ESt. 4,2 Prozent, hier aber bezogen auf den Veräußerungserlös. Dabei gibt es noch eine Ausnahme: Wurde das Grundstück nach dem 1. Jänner 1988 in Bauland umgewidmet,müssen 18 Prozent vom Verkaufserlös abgeführt werden. Gut zu wissen für die aktuellen Eigentü- mer: Die Schenkung und die spätere Ver- äußerung einer Liegenschaft können mit Auflagen versehen werden. Denkbar sind beispielsweise Belastungs- und Veräuße- rungsverbote oder einWohnungsgebrauchs- recht für den ursprünglichen Eigentümer. In diesen Fällen kann die Immobilie nur mit der Zustimmung aller Beteiligten ver- kauft oder etwa verpfändet werden. Familienholding In Spezialfällen ist die Gründung einer familieneigenen Gesellschaft, die anschlie- ßend die Liegenschaften übernimmt, eine elegante Form zur Strukturierung des Immobiliennachlasses. Dieser Vorgang löst zwar ebenfalls die Grunderwerb- und Im- mobilienertragsteuer aus. „Dennoch hat dieses Modell viele Vorteile“, so Steuerbera- ter Schmid, „die Immobilien können als Sacheinlage in die Gesellschaft eingebracht und zum reellen Marktwert bilanziert wer- den.Dadurch sind höhere Abschreibungen möglich. Und unter der Voraussetzung, dass es mehrere Erben gibt, fallen bei der Übertragung der Gesellschaftsanteile keine immobilienbezogenen Steuern an.“ Eine Familiengesellschaft lohnt sich aller- dings erst ab einem Immobilienvermögen von etwa einer Million Euro und überdies nur mit dem Ziel, Erträge zu reinvestieren und das Vermögen auszubauen. Dann amortisieren sich die Kosten für diese Struktur in einigen Jahren, sagen die Exper- ten. Steuerberater Nösslböck ergänzt: „Ein weiterer Vorteil ist, dass über die Verteilung der Gesellschaftsanteile die Erträge auf die Familienmitglieder aufgeteilt werden.“ Er empfiehlt im Übrigen, im Rahmen der Strukturierung betriebliche von privaten Immobilien zu trennen. Steuerberater Schmid warnt unterdessen vor zu viel Verschachtelungsfantasie: „Der Missbrauch von Formen und Gestaltungs- möglichkeiten wird von den Finanzämtern nicht toleriert.“Über komplexen Strukturen und ungewöhnlichen Transaktionen schwe- be ein Damoklesschwert. „Die Finanz prüft die wirtschaftlichen Gründe für die Gestal- tung sehr genau und kann das Modell rückwirkend kippen“, berichtet Schmid. Gut gemeint ist eben nicht immer gut gemacht. ALEXANDER ENDLWEBER FP Wolfgang Schmid, Artus: „Der Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten wird von den Finanzämtern nicht toleriert.“ Michael Nösslböck, Eccontis: „Die proaktive Gestaltung ist einWeg, imVorfeld Klarheit für alle Beteiligten zu schaffen.“ » Immobilien können als Sacheinlage in eine Gesellschaft eingebracht und zum reellen Markt- wert bilanziert werden. « Wolfgang Schmid, Artus fondsprofessionell.at 2/2021 209

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