FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2021

Grenzüberschreitende Geschäfte sind mit heiklen Rechtsfragen verbunden. Der VKI hat in einem langen Gerichts- verfahren klarstellen lassen, dass für österreichische Kunden deutscher Anbieter das heimische Recht zählt. Fließende Grenzen Ausländische Produkte können in Österreich problemlos verkauft werden, allerdings gilt dabei zwingend das heimische Verbraucher- recht. Jüngste OGH-Urteile bestätigen dies. W as haben Amazon und Schiffsfonds gemeinsam? Auf der ersten Blick eher nichts, und dennoch verbindet die beiden etwas: höchstrichterliche Urteile, erstritten vom Verein für Konsumenten- information (VKI). Sie sind das letzte Kapi- tel einer sieben Jahre dauernden Ausein- andersetzung über grenzüberschreitende Dienstleistungsverträge. Der VKI-Sieg in Form einer allgemein gültigen höchstrich- terlichen Entscheidung wird noch in vielen anderen Fällen Anwendung finden. Eigentlich haben die deutsche MPC Capital, die viele ihrer Schiffs- und Immo- bilienfonds auch in Österreich verkauft hat, ihre Treuhandgesellschaft TVP und der VKI im Jahr 2017 einen Vergleich geschlos- sen. Davon ausgenommen ist der Rechts- streit gegen die TVP, in dem es dem VKI von vornherein um ein höchstrichterliches Urteil ging. Zum Hintergrund: Der VKI begann im September 2013 gegen MPC und TVP zu klagen. Über die in Hamburg ansässige Gesellschaft haben sich rund 90 Prozent der österreichischen Anleger treuhände- risch an den geschlossenen MPC-Fonds beteiligt. Nachdem die Investments wirt- schaftlich in Schieflage geraten waren, for- derten mehrere Fonds geleistete Ausschüt- tungen von den Anlegern zurück. VKI bekämpft Treuhandvertrag Allerdings wandten sich nicht direkt die Fondsgesellschaften an die Anleger, son- dern die TVP als ihre Treuhänderin. Hier hakte der VKI ein: Nach Ansicht des beauf- tragten Rechtsanwalts Sebastian Schuma- cher verstoßen mehrere Klauseln des Treu- handvertrags gegen die österreichischen Konsumentenrechte. Deshalb sei der Ver- trag unwirksam, und die TVP sei nicht be- rechtigt, Auszahlungen von den Anlegern zurückzuverlangen.Die umstrittenen Rück- forderungen wurden allerdings nicht nur auf den Treuhandvertrag gestützt, sondern auf das allgemeine Vertragsrecht, was letzt- lich von den Gerichten als zulässig erklärt wurde (siehe FONDS professionell Ausga- be 3/2015). Die Erstgerichte gaben hinsichtlich der Rechtsgültigkeit der Vertragsklauseln dem VKI recht, ließen jedoch eine Revision zu. Die Verfahren zogen sich hin, weil in die Entscheidungsfindung der Europäische Gerichtshof einbezogen wurde. Erst mit dem im Jänner 2021 veröffentlichten Be- schluss entschied der Oberste Gerichtshof (OGH) gegen die TVP (Aktenzeichen 6 Ob 179/20x). Somit sind die vom VKI ein- geklagten Klauseln endgültig unzulässig. Deutsches Recht? Der zentrale Aspekt in diesem Streitfall ist der sogenannte „kollisionsrechtliche Ver- braucherschutz“, der regelt, welches Ver- braucherrecht gilt, wenn in einem Fall wie bei MPC und TVP zwei unterschiedliche Rechtsordnungen Anwendung finden könnten. Die Frage, ob für einen in Öster- reich tätigen ausländischen Dienstleister das österreichische Konsumentenrecht oder das Recht seines Herkunftsstaates gilt, brachte der VKI gegen den Internetriesen Amazon vor den Europäischen Gerichts- hof und gewann im Juli 2016. Amazon muss sich in Österreich an das hier gelten- de Konsumentenrecht halten. Dort ging es SACHWERTE Urteil Schiffsfonds FOTO: © COMOFOTO | STOCK.ADOBE.COM, FOTO WILKE, MARLENE RAHMANN 262 fondsprofessionell.at 1/2021

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