FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2021

André Bajorat, Rafael Otero und Jochen Siegert machten sich als Blogger einen Namen. Nun hilft das Trio dabei, die Deutsche Bank zu digitalisieren. Ein Gespräch über den Wert von Start-ups, den digitalen Euro und Arbeitsweisen wie zur Jahrtausendwende. G emeinsam mit zwei weiteren Kolle- gen betreiben André Bajorat, Rafael Otero und Jochen Siegert seit rund zehn Jahren den Blog „Payment & Banking“, der in der Branche hohes Ansehen genießt. FONDS professionell sprach mit den Digitalisierungsexperten über die aktuellen Entwicklungen in der Fintech-Szene und darüber, was sich für sie geändert hat, seit sie bei der Deutschen Bank unter Vertrag stehen. Viele Fintechs verkünden erfolgreiche Finanzierungsrunden und bemessen daran den Wert ihres Unternehmens. Finden Sie alle Bewertungen gerechtfertigt in einer Zeit, in dem Anlagegelder reichlich vor- handen sind? Der Zahlungsdienstleister Checkout.comwurde beispielsweise jüngst mit unglaublichen 15 Milliarden US-Dollar bewertet. Rafael Otero: Gegenfrage: Glaube ich, dass Tesla so viel wert ist wie alle großen Auto- mobilhersteller zusammen? Die Frage ergibt so nicht viel Sinn. Bewertungen sind immer eine Funktion von Angebot und Nachfrage. Wo soll ich im negativen Zins- umfeld denn noch investieren? Außerdem bergen die hohen Bewertungen auch eine Gefahr: Man muss in sie hineinwachsen. Die nächste Bewertung muss für die In- vestoren und auch für den Unternehmer höher sein, damit es noch Spaß macht. Also geht die Messlatte immer höher. André Bajorat: Ich gebe Ihnen recht, es gibt einige irrationale Bewertungen. Es stellt sich auch die Frage, was bei diesen Bewer- tungen ein zukünftiger Exit-Kanal sein kann. Ein Beispiel ist die im Januar wegen kartellrechtlicher Einwände gescheiterte Übernahme des Fintechs Plaid durch das Kreditkartenunternehmen Visa. Eventuelle zukünftige Käufer werden für das Unter- nehmen wohl niemals so viel zahlen, wie Visa aufgrund des „strategischen Fits“ zu zahlen bereit war. Gute Geschäftsmodelle können derzeit wie verrückt Geld einsam- meln, daran hat auch Covid nichts geän- dert. Das Geld wird den Leuten teilweise hinterhergeworfen. Jochen Siegert: Ich möchte noch gern eine andere Sichtweise hereinbringen. Es gab in der Vergangenheit Start-ups, die ihren Markt komplett neu geschaffen haben. Als Google entstand, war es vollkommen un- klar, dass sie so eine dominante Stellung im Bereich Advertising bekommen. Auch Fa- cebook machte in Sachen Werbung einen neuen Markt auf. Am Anfang ist die Be- wertung völlig überzogen, aber einige Un- ternehmen wachsen in die Bewertung hi- nein und schaffen es dann tatsächlich, die Erträge zu generieren.Man kann also nicht immer von einer Blase sprechen. Dass an- dere Unternehmen sich auf hohe Bewer- tungen von Mitbewerbern beziehen und es dann vielleicht nicht schaffen, ist natürlich auch möglich. Neben vielen positiven Schlagzeilen sind einige Fintechs auch negativ aufgefallen. Betriebsräte wurden verhindert oder auch Kundendaten gestohlen und die Kunden „E-Mail-Anhänge ignorieren wir konsequent“ » Es ist ja nicht so, dass wir vorher keine Bank von innen gesehen haben. « Jochen Siegert, Payment & Banking FOTO: © PAYMENT & BANKING BANK & FONDS André Bajorat | Rafael Otero | Jochen Siegert | Payment & Banking 254 fondsprofessionell.at 1/2021

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